Vom 21.06. bis 23.06.2024 fanden zum dritten Mal die Mittsommernächte Bärenstein statt. Auf dem Sportplatz in Bärenstein, nahe der tschechischen Grenze, wurden ein Mittelaltermarkt und zwei Bühnen aufgebaut. Wir von Dark-Art waren vor Ort berichten euch mit Bild und Text von den drei Tagen. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
Bereits am Donnerstagabend gab es ab diesem Jahr eine Warm-Up Party mit Fassbieranstich und Lagerfeuer. Bands spielten da noch keine, aber es gab „die extraordinären Gesangsstimmen der bereits angereisten Gäste und Künstler plus fabulöse Musik aus dem digitalen Leierkasten“. Ob das wirklich so war, können wir nicht beurteilen, denn wir konnten erst am Freitag anreisen.
Am Freitag eröffnete der Markt mit seinen vielen Ständen und Lagern. An den drei Tagen fanden dort Auftritte von Ventus Infecto, Gauklern und anderen Musikern statt. Dazwischen gab es diverse Vorträge und Seminare im Kulturzelt. Die Schamanen Voenix und Chris hatten auch die Ehre, den Markt mit einem Blót, einem Ritual, zu eröffnen, aber dazu später mehr.
Vor dem Blót gab es noch einen musikalischen Auftritt. Die Musiker von Steineiche spielten zusammen mit dem Solo-Projekt Harugaz auf der Marktbühne und erschufen damit einen ganz besonderen, musikalischen Moment. Ohne viele Worte ergriffen sie ihre Instrumente und begannen mit dem Auftritt. „Instrumente“ war dabei das richtige Stichwort: Sie verwendeten während des Auftrittes Bassharpa, Tagelharpa, ein Didgeridoo, Irish Bouzouki, eine Maultrommel und Handtrommeln. Mit diesem Repertoire an Instrumenten spielten Steineiche und Harugaz einen sehr atmosphärischen und dichten Neo-Folk. Mit mehreren, abwechselnden Stimmen wurden nordische Sagen und Götter sowie mittelalterliche und regionale Geschichten besungen.
Bereits beim ersten Lied schlenderten die Besucher gemächlich zur Bühne, um sich dort in lockeren Grüppchen den Auftritt anzuschauen. Einige Besucher tanzten zu der Musik und der Gaukler Gabriel der Feuerengel meditierte auf einer Decke. Eine junge Dame stand links vor der Bühne und bespielte zwei Pois zu der Livemusik. Eine schöne, kleine Show zum Auftritt. Nicht ganz so schön waren die lautstarken Zwischenrufe einiger, doch schon angetrunkener, Scherzvögel, die jede einzelne Ansage kommentieren mussten und damit wiederholt die schöne Stimmung störten. Aiwa von Harugaz spielte souverän mit den eingeworfenen Kommentare und konterte gekonnt, aber trotzdem nervte das Verhalten.
Der Auftritt wollte nicht enden und die Musiker spielten eine gewünschte Zugabe nacheinander. Zum Schluss wurde das Lied Þat mælti mín móðir gespielt, welches viele als My Mother Told Me kennen und in viele Sprachen übersetzt wurde. Steineiche und Harugaz sangen das Lied auch auf Dänisch und Englisch und beendeten das Konzert auf spektakuläre Weise.
Nach dem Konzert, auf dem Platz vor der Marktbühne, begann kurz darauf das Eröffnungsblót zur Sommersonnenwende und der Eröffnung des Festivals. Das ist ein Ritual, um dem heidnischen Glauben zu gedenken, um Segen zu bitten und den Göttern ein Opfer darzubringen. Geleitet wurde diese Zeremonie von dem Schamanen Voenix, mit Unterstützung seines Schülers Chris, der Runenhex und einigen weiteren Personen.
Voenix, Chris und Runenhex leiten seit 2020 das Eröffnungsblót auf dem Wolfszeit Festival und daher kannten wir die genannten Personen. Aus diesen Ritualen war uns auch der häufige Gebrauch des Wortes „Heil“ bekannt, welches im Kontext aktueller politischer Entwicklungen einen unangenehmen Beigeschmack haben kann. Die Schamanen verstanden das Problem wohl auch, weshalb sie sich zu dem Wort kurz äußerten. Wer meinte, hinter dem Heil noch ein Hitler rufen zu müssen, könne sofort das Gelände verlassen. Somit positionierten sie sich gegen Rechtsextremismus. Eine Kritik gegenüber der aktuellen Regierung konnte er sich trotzdem nicht verkneifen.
In der Zwischenzeit lief die Runenhex mit Räucherschale und Räucherwerk in der Innenseite des Kreises aus wartenden Besuchern herum und bot jeder Person an, einen tiefen Atemzug zu nehmen. Dann begann das Ritual mit der Weihung des Platzes. Dazu sollten die Besucher im Takt von Handtrommeln auf dem Boden stampfen. Danach wurden dem Feuer mehrere Opfer in Form von Trankopfern, Kränzen und einmal einer Prise Drehtabak dargebracht. Begleitet wurde die Zeremonie mit den Handtrommeln, mehreren der lauten „Heil“-Rufe und einer Menge Rauch durch die verbannten Opfergaben. Der Künstler Aiwa von Harugaz brachte ein kleines Opfer den Göttern dar.
Gegen Ende der Zeremonie wurde es immer schwieriger weitere Objekte in die volle Feuerschale zu legen, so viele Geschenke an die Götter hatten sich angesammelt. Während das Feuer die Gaben verschlang, wurden weiter die Handtrommeln geschlagen und ein ritueller Gesang angestimmt. Viele Besucher waren sichtbar gebannt von dem Ritual, wiegten zum Takt oder betrachteten stumm und ergriffen die immer kleiner werdenden Flammen in der Schale. Am Ende dieser Darbietung bedankte sich Voenix mit vielen freundlichen Worten bei dem örtlichen Asatru Germanitas Miriquidi e.V., den Veranstaltern der Mittsommernächte Bärenstein, und bat um einen letzten Segen für die Veranstaltung.
Im Anschluss an die Danksagung wurde das Ehegelübde zweier Paare im Kreis der Besucher und Lageristen rituell geschlossen. Die Paare traten in historischer Kleidung vor den Schamanen. Weitere Reenactor in Rüstungen und mit Waffen begleiteten den Moment und mit den sächsischen Wäldern im Hintergrund gab es zwei weitere wunderschöne Momente auf dem Festival.
Der Abschluss des Abends war zugleich der erste Auftritt von Baldrs Draumar aus den Niederlanden. Die Musiker aus Friesland durften auf dem diesjährigen Mittsommernächte Bärenstein als erste Band auf der Festivalbühne spielen und darüber hinaus durften sie auch zweimal auf dem Festival auftreten. Am Freitag spielten sie mit einem Akustikset auf und für mich war dieser Auftritt ein Highlight.
Nach dem Ritual und den Ehegelübden wanderten die ersten Besucher bereits hoch zur zweiten Bühne und warteten dort erwartungsvoll. Vor dem Auftritt hörte man bereits die Musiker hinter der Bühne und die Vorfreude stieg, bis mich Feuerschein und Dudelsack aus dem Bann rissen. Die Band Ventus Infecto kam mit einem Feuerkünstler hoch gelaufen, spielten ein kurzes Stück und machten Werbung für ihren Mitternachtsgig und für Baldrs Draumar. Dann begann auch endlich deren Auftritt: Mit Akustikgitarren und Trommeln ausgestattet begann der Gig. An der Trommel war zusätzlich ein besonderes Instrument installiert: ein blanker Unterkiefer eines Schweins mit einem Mikrofon. Während einiger Lieder strich der Drummer mit dem Stil seines Schlägels an den Zähnen entlang und erzeugte so ein rasselndes Geräusch.
Ein Großteil der Lieder stammte von ihrem Album Njord, welches sie 2022 veröffentlicht haben und welches sie komplett darboten, plus ein paar weitere Tracks vergangener Alben. Nach dem ersten Song grüßte der Sänger die beiden Paare von den Eheleiten. Die Zuschauer schauten den Musikern gebannt beim spielen zu, schüttelten vereinzelt bedächtig die langen Locken oder tanzten mit wiegenden Bewegungen. Während eines Liedes verschwanden, bis auf den Sänger, alle von der Bühne und ließen ihn allein singen und an der Gitarre spielen. Der Drummer erschien daraufhin am Wellenbrecher und wir scherzten kurz über den Auftritt.
Zum Abschluss erreichte der Auftritt die Grenze des Epischen, als vier Rauchsäulen aus den in den Podesten verbauten Nebelwerfern schossen und rotes Licht die Bühne flutete. Der Nebel wurde vom immer stärker werdenden Wind über die Bühne geweht und dieser unglaubliche Anblick jagte mir einen wohligen Schauer über den Rücken. Leider hielt das Wetter nicht bis zum letzten Ton, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch, auch wenn vereinzelt die ersten Leute schon das Weite suchten. Das erste Konzert von Baldrs Draumar war ein Highlight auf diesem Festival und machte mir Freude auf den Samstag, an dem diese und acht weitere Bands auf der Festivalbühne spielten.
Setlist:
- Njord
- Thús Op See
- Jûl
- Slach by Warns
- Eastre
- Akraberch
- Hva Faen!?
- Skalden
- Fan Keardel En Skiep
- Ravens
- De Lêste Fries
- Sieletocht
- Wat Nea Fergiet
- Hymirs Tsjettel
- Hadagrims Fertriet
Nach dem Auftritt wurde auf dem Marktgelände noch eine kleine Feuershow dargeboten, welche wohl bedauerlicherweise aufgrund des schlechten Wetters mit Regen etwas verkürzt ausfiel. Schön war es trotzdem!
Die Mittsommernächte Bärenstein sind ein kleines, aber unfassbar schönes Festival, welches für seine Größe mit einem beeindruckenden Line-up aufwarten konnte. Von dem kommenden Samstag werden wir im nächsten Text berichten. Dieser bot viele weitere, schöne Momente, die wir mit Bild und Text festgehalten haben. Lasst es euch nicht entgehen!
Mehr zu den Bands und dem Festival auf Dark-Art findet ihr hier:
Antworten