Nach dem großen 30. jährigen Jubiläum fand das Rockharz Open Air wieder mit einem bombastischen Line-up statt. Vom 03. bis zum 06. Juli war das Festival auf dem Flugplatz Ballenstedt und wir waren mit Stift und Kamera vor Ort. Viel Spaß beim folgenden Bericht.
Schon vor Einlass versammelten sich hunderte Fans vor den Toren des Infields. Und auch dieses Jahr verkürzte die Cantinaband die Wartezeit der Besucher, bis sie dann endlich um 15 Uhr das Festivalgelände betreten durften.
Das Festival durfte die isländische Band Power Paladin eröffnen. Hunderte Besucher standen bereits vor der Doppelbühne und lauschten gebannt den Fantasy-Hymnen der Shorts tragenden Heavy Metal-Helden. Mit epischen Riffs und Ohrwurm verursachenden Refrains ließen sie die Bühne bereits am frühen Nachmittag erbeben. Die Besucher streckten eine ganze Phalanx an gereckten Teufelshörnern entgegen und der Anblick war der Inbegriff des Rockharz Open Air!
Während Power Paladin noch auf ihren Instrumenten krachende Songs schmetterten, da versammelten sich einige Gestalten in weißen Ganzkörperanzügen an der Rock Stage. Sie waren eindeutig für den zweiten Auftritt des Tages da. Es war niemand geringeres als die tschechischen Grindcore-Könige von Gutalax. Mit Klobürsten und -Papier bewaffnet wurde eine echt irrwitzige Party gefeiert. Seit dem Auftritt von As I Lay Dying auf dem letztjährigen Rockharz habe ich keine Mülltonne mehr Crowdsurfen gesehen, aber dieser Container war größer und sogar ein Besucher saß darauf. Zu den Texten der Band kann man nur hochachtungsvoll sagen, dass sie ziemlich Sche*ße sind.
Ihr wackeren Krieger, schärft eure Äxte und füllt eure Hörner bis zum Rand, denn die True Metal Band Brothers of Metal traten auf der Dark Stage auf! Es war ein starker Auftritt, mit vielen Crowdsurfern und wund gesungenen Kehlen. Die Musiker besangen die nordische Sagenwelt mit ihren Göttern, Helden und Monster. Apropos Monster, wir erfuhren, dass das Lied Power Snake von einem bestimmten Körperteil des Drummers handelt. Aber auch dieser Auftritt hatte eine kleine negative Note, denn leider versagte die Tontechnik soweit, dass man die Gitarre nicht hörte. Schade.
„We are Mammoth and we play loud music!“. Mit diesem Satz beschrieb der Sänger Wolfgang Van Halen seine Band Mammoth WVH passend. Van Halen? Ja, der Sänger ist der Sohn des legendären Musikers Edward Lodewijk Van Halen, Eddie Van Halen. Das musikalische Talent hat der Sohn eindeutig von seinem Vater. Mit treibenden Melodien und rockigen Riffs brachte Mammoth WVH die Crowd zum Brodeln.
Die sympathischen Deutschrocker von Kärbholz durften auch dieses Jahr auf dem Rockharz auftreten. Zwar spielen sie knüppelharte Rockmusik, besingen aber liebend gern Themen wie Toleranz, Liebe und Freude am Leben. Diese lebensbejahende Energie manifestierte sich in einem gewaltigen Circle Pit samt darauf folgenden Mosh Pit. Die aufmerksamen Besucher konnten am Drumset einen kleinen, grünen Baby-Yoda entdecken. Ein niedliches Easter Egg und knallharte Musik, sowas lieben die Besucher vom Rock Harz Open Air.
Mit Callejon wurde der musikalische Härtegrad um einige Grad angezogen. Mit ihrem deutschsprachigen Metalcore verwandelten sie die ersten 10 Meter vor der Bühne in ein Tollhaus. Die Fäuste wurden in rasantem Tempo geschüttelt und mit einigen hartnäckigen Forderungen konnten sie den Trend zum Circle Pit weiterführen. Auch wurden die Crowdsurfer langsam immer mutiger und auch ein Rollstuhlfahrer wurde über die Menge getragen. Zwischendurch gab es mit Schrei nach Liebe und Snake Mountain auch noch zwei unerwartete und spannende Überraschungen.
Dieses Jahr trat die Band Oomph! mit ihrem neuen Frontmann Daniel Schulz. Der ehemalige Sänger der Band Unzucht übernahm den freigewordene Posten am Mikro und damit begann ein neues Kapitel in der Geschichte von Oomph!. In protzigen Pelzmänteln und edler Abendgarderobe erschienen die Musiker und präsentierten eine Setliste voller alter Klassiker und neuem Material. So wechselnden sich Labyrinth und Sandmann sich mit den Singleauskopplungen, Wem die Stunde schlägt und Nur ein Mensch ab. Der Schulz konnte als neue Stimme der Kultband überzeugen und zusammen mit den anderen beiden Musiker konnten Oomph! einen starken Auftritt hinlegen.
Der erste Headliner des Mittwochs war niemand geringeres als Bruce Dickinson mit seinem Solo-Projekt The Mandrake Project. Mit über einer Stunde hatte das Projekt den längsten Slot am Mittwoch und wurde nur von Judas Priest am Samstag getoppt. Die meisten werden Bruce Dickinson als den aktuellen Sänger von Iron Maiden kennen und deswegen war für mich die Sorge, dass das Projekt nur ein Iron Maiden 2.0 wäre, aber nach nur wenigen Liedern schwächte sich bei mir die Befürchtung ab. Zum Anfang spielte eine Melodie im Stil von Sci-Fi-Filme aus den 80ern und erzählte die Geschichte eines Außerirdischen, welcher auf unserer Welt gelandet ist. Scheinbar erzählte The Mandrake Project eine eigene Geschichte. Nach dem Opening begann auch schlagartig der Auftritt der Musiker. Die Band spielte, zu meiner Erleichterung, einen kantigeren und aggressiveren Heavy Metal im Vergleich zu seinem großen Bruder. Trotzdem gab es einige abwechslungsreiche und melodische Passagen. Doch gerade bei den längeren, melodischen Passagen hörte ich schon einige Ähnlichkeiten zu Iron Maiden. Bruce Dickinson war an diesem Abend eine unaufhaltsame Bewegungsmaschine, welche wiederholt von einer Seite der Bühne zur anderen lief oder seinen Gesang mit weit ausholenden Gesten unterstrich. Für sein Alter und der Länge des Auftrittes war das eine beeindruckende Leistung von Mister Dickinson. Der Sänger berichtete zwischen zwei Liedern von ihrem vergangenen Auftritt auf dem Hellfest am 29.06.2024, welcher nur 60 Minuten lang war, und dass sie dort nicht so viele Lieder spielen konnten wie auf dem Rockharz Open Air. Damit gab es mehr Material für das Festival in Ballenstedt, zur Freude einige der Zuschauer. Kurzum, The Mandrake Project von Bruce Dickinson war ein ganz besonderer Headliner für das diesjährige Rockharz.
Nach Bruce Dickinson beehrte uns eine weitere Legende des Heavy Metals, Udo Dirkschneider, mit seinem gleichnamigen Musikprojekt. Das Gründungsmitglied und ehemaliger Frontmann von Accept gründete bereits in den 80er seine neue und aktuelle Band mit dem Namen U.D.O. Mit einem lauten Countdown wurde der Auftritt eingeleitet. Udo Dirkschneiders bekannte Reibeisenstimme und einigen gelungene Riffs stimulierten die Musiker die Nackenmuskeln von tausenden Besuchern. Dies war ein Auftritt, welche sich nicht hinter dem Headliner verstecken musste.
Der dritte und letzte Headliner am Mittwoch waren die finnischen Musiker von Amorphis. Dies war mit Abstand der intensivste Auftritt des gesamten Tages. Ihr Sänger Tomi Joutsen hat abertausende Besucher mit seiner reinen Präsens und seinem stimmlichen Talent gebannt. Die Setliste war eine Zeitreise durch die gesamte Banddiskografie und jede Ansage wurde mit einem Sturm aus Applaus beantwortet. Der Auftritt von Amorphis hat den Mittwoch auf dem Rockharz Open Air geadelt.
Der Abschluss des ersten Abends war die Black Metal Band Kanonenfieber. Mit Blastbeats, eiskalten Akkorden und einer unfassbar ausdrucksstarken Bühnenshow führte die Band die Crowd durch die unterschiedlichen Schrecken des 1. Weltkrieges. Von Artilleriefeuer, über den eiskalten Winter in den Gräben bis zu den Unterwassergefechten per U-Boot waren eine Menge unmenschliche Schrecken dazu. Die Crowd selbst ähnelte einem Hexenkessel samt brutalem Mosh Pit. Kanonenfieber war ein ausdrucksstarker Abschluss für den ersten Tag.
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