Blind Guardian, Scardust 28.09.2023 Huxleys – Neue Welt Berlin

Blind Guardian sind wieder auf Tour. Letztes Jahr stand zu ihrem Jubiläum das Album Somewhere far beyond im Fokus und wurde zur Gänze live aufgeführt.
Dieses Jahr steht ein reguläres Guardian Set an, inklusive des 2022 veröffentlichten Albums The God Machine, das seiner Live-Bewährung harrt. Wir sind im Berliner Huxleys – Neue Welt mit dabei gewesen.

Auf dieser Tour werden sie von den 2015 gegründeten Newcomern Scardust begleitet, die den weiten Weg aus Israel angetreten haben, um uns eine Dreiviertelstunde mit Material ihrer zwei Alben Sands of time und Strangers aufzuwärmen.

Um 19:30 begann der Auftritt des Support-Acts. Ein Intro, das an Film-Soundtracks erinnerte, schallte aus den Boxen und die Band betrat die Bühne. Alle in schwarz gekleidet, Frontfrau Noa im Lederwams und der blinde Bassist Orr Didi in schwarzer Lederweste und Sonnenbrille. Das Bühnenbild wurde durch ein schwarzes Backdrop mit weißem Schriftzug komplettiert. Beim ersten Song Tantibus II legten sich die vier direkt ins Zeug und Gitarrist Gal Gabriel überzeugte direkt mit einem quirligen Solo, das in einen friemeligen Keyboardpart von Taster Aaron Friedland überging.

Sängerin Noa Grundmann wechselte beeindruckend zwischen Klargesang und Growls während Orr mit dem Bass die Bühne auf- und absprang, Luftkicks machte und Pirouetten drehte. Man wollte ganz klar mit Spielfreude punkten und es gelang schon bald, die zu zwei Dritteln gefüllt Halle zum Mitsingen und –klatschen zu animieren. Zwischendurch gab es Soli-Duelle zwischen Gitarre und Keyboard, die mich an Deep Purple erinnern.

Zweiter Track des Abends ist der Titeltrack des zweiten Albums Sands of Time. Dafür gab es viel Publikums-Reaktion. Es folgten die Balladen Deals, bei der es ein Lichtermeer aus Handytaschenlampen gab und Arrowhead, mit starkem Keyboardsolo und springendem Publikum. Addicted und die neue Single Game of Now brachten die Halle ebenfalls in Wallung und wieder wurde im Chor mitgesungen. Den Abschluss bildete der fast acht- minütige Song Concrete Cages, dessen Folk-Einschlag (heute vom Keyboard gespielt) einen abwechslungsreichen Schlusspunkt setzte und mit seiner Eingängikeit eine gute Brücke zum Hauptakt schlug.

Nach dreißig Minuten Umbaupause, bei der ein Vorhang die Bühne verdeckte, erfüllten bereits „Guardian, Guardian“-Rufe die Halle. Das Bandlogo wurde in Rot und schwarz auf den Vorhang projiziert, hinter dem die Band zum Intro die Bühne betrat. Als sie mit dem Klassiker Imaginations from the other Side begannen, brach das Publikum bereits in Begeisterungsstürme aus. Ein Energielevel, das an diesem Abend übrigens bis zum letzten Song gehalten wurde.
Sänger Hansi Kürsch und seine Bandkollegen habe mit nunmehr 36 Jahren Bandgeschichte, die großen Festivalbühnen bespielt und genug Routine, um ein Publikum zu lenken. Das taten sie wie gewohnt mit viel Sympathie, Charme und Honig, den sie den Fans gekonnt um den Bart schmierten. So erwähnte Hansi bereits, wie legendär Berlin schon bei der Somewhere far beyond Tournee abgeliefert hatte und erwartete, dass wir dies nun wiederholten. Und das taten wir…

Zum lange nicht mehr live aufgeführten Blood of the Elves erstrahlte die Bühne in weiß-rotem Licht, während dieser Brecher über uns hinwegfegte. Andrés Gitarrensolo wurde mit motivierenden „Hey“-Rufen und Faustgeschwinge vom Publikum unterstützt und die Licks teilweise mitgesungen. In der Pause zwischen den Songs erschallten wiederum die „Guardian, Guardian“-Chöre.

Weiter gings nach Mittelerde mit der Ballade Nightfall. Diese Bewährungsprobe für Berlins Textsicherheit wurde von Kürsch mit „mega genial“ benotet. Im anschließenden Script for my Requiem warf ich den Nackenrotor an und ließ die Haare im Kreise wirbeln und Guardian brillierten mit einer unfassbaren Performance.
Mit Violent Shadows fand das neueste Album der Krefelder The God Machine einen nahtlosen Einzug ins Live-Set. Die Härte des Tracks wurde in blauem Licht mit Strobo-Effekten untermalt und das Berliner Publikum zeigte sich auch bei diesem Song textsicher, während die Rhythmusfraktion, mit Gründungsmitglied Marcus an der Gitarre, Johann am Bass und Frederik am Schlagzeug, alles gaben und auch die hohen Töne Kürschs perfekt saßen.
Ein kleines Päuschen zum Verschnaufen verschaffte uns ein Track, ebenfalls aus der neueren Schaffensperiode. Skalds and Shadows wurde im Akkustik-Stil performt und die orchestralen Parts kamen vom Keyboard, gespielt von Michael Schüren. Die nächste Mitsingnummer entführte uns wiederum nach Mittelerde, mit Time stands still (at the Iron Hill) und wurde ebenfalls abgefeiert.

Mit der Single Deliver us from Evil schaffte es sogar der bereits zweite Track des neuen Albums in die Setlist und es wurde ebenfalls fleißig mitgesungen. Guardian verkündten: „Es macht Spaß, mit euch zu spielen!!“ und servierten uns DEN Blind Guardian Track The Bard´s Song (in the forest), wahrscheinlich die beste Powerballade aus dem deutschen Power Metal Reigen. Den konnten wirklich alle von der ersten Reihe bis zu den Rängen auf der anderen Seite des Saales mitsingen.
Danach gings mit dem Track Majesty zurück in nostalgische, aber härtere Gefilde des Debütalbums. Pyroeffekte bildeten auf der Bühne Feuersäulen zu diesem Brecher der alten Schule und das Berliner Publikum kreierte einen Moshpit im vorderen Viertel der Halle. Es blieb bei hohem Tempo – Traveler in Time ließ die Bretter erbeben und im Takt der tanzenden, springenden und moshenden Menge mitschwingen. Dieser Song beschloss das reguläre Set.

Für die erste Zugabe griff man tief in die Epic-Schublade und fand einen Neun-Minüter – Sacred Worlds, wurde aufwendig mit Orchester-Synthesizer vom Keyboard eingeleitet, die Lichtanlage bis auf ihre Grenzen ausgereizt und einfach eine ehrfurchtgebietende Performance hingelegt. Diesem Feuerwerk an spielerischer Raffinesse schloss sich ein weiterer Publikumsliebling – die Powerballade Lord of the Rings an, die Hansi wieder grandios inszenierte, den das Publikum zwar nicht so brillant, aber durchaus auch alleine hätte singen können, so bekannt war der Track jedem hier.
Ein weiteres Nostalgiefeuerwerk wurde bei Valhalla inklusive Pyrotechnik und dem letzten Song des Abends Mirror Mirror mit Pyros und Lasershow abgefeuert und bei beiden Tracks Moshpits gezündet. So ging ein grandioser Abend zu Ende, der jedem Blind Guardian-Fan ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und den Schweiß aus den Poren getrieben haben dürfte. Mit einer abwechslungs- und einfallsreichen Setlist war es den Guardians mal wieder gelungen, sich auf dem teutonsichen Power Metal Olymp zu behaupten.

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