Nach der zweijährigen, pandemiebedingten Flaute, die die Ausrichtung eines Großteils von Festivals schier unmöglich machte, startete vom 26. bis 28. Mai 2022 wieder das Dark Troll Festival in der beschaulichen Kleinstadt Bornstedt (Sachsen-Anhalt) fulminant und in alter Stärke durch. Es ist ein Festival, das weit und breit als das schönste der Metal-Szene gilt. Und das liegt vor allem an der traumhaften Kulisse direkt an der Ruine der Schweinsburg mitten in einem kleinen Waldgebiet. Die verträumte, historische Kulisse wirkt fast schon magisch und ist ein Schauplatz, der die Atmosphäre der Musik noch stärker hervorhebt und die Besucher den Alltag für einige Tage vergessen lässt.
Insgesamt drei Tage lang gab es auf dem Dark Troll Festival einen klugen Mix aus Black und Folk Metal auf die Ohren. Dass das ankommt, beweisen die Ticketverkaufszahlen: Bereits seit Verkaufsstart vor zwei Jahren war das Festival restlos ausverkauft. Wer doch noch spontan an eine Karte kommen wollte, musste die Facebookveranstaltung nach privaten Verkäufern durchforsten – und dabei eine kleine Portion Glück haben. Wer eine Karte ergattern konnte, durfte sich glücklich schätzen: Wie in alter Frische reihten sich die Zelte auf den Campingplätzen aneinander, es wurde ausgelassen gefeiert, gemosht und getrunken. Besucher aus allen Ecken und Winkeln Deutschlands waren angereist. Hauptacts waren Szenegrößen wie Manegarm, Empyrium, Obscurity und Helheim. Während der drei Tage Burgenmusikzauber gab es alles, was das Festivalherz begehrt: Crowdsurfer, Moshpits, Dudelsäcke, den ein oder anderen massiven Regenschauer und sogar einen Heiratsantrag. Aber: Alles der Reihe nach! In den kommenden Tagen wollen wir euch die einzelnen Festivaltage ausführlich schildern.
Donnerstag
Auch auf einem kleinen Festival wie dem Dark Troll müssen Traditionen hochgehalten werden – deshalb startete der erste Tag musikalisch mit Barbarossa Pipes & Drums, die ihre Instrumente spielend in die Burg einmarschierten und vor der Bühne Platz nahmen. Die Dudelsack-Band in ihren traditionellen Gewändern gilt als größte Pipe-Band in der Region Sachsen-Anhalt mit ihren über 30 Mitgliedern, gründete sich im Herbst 2013 und zeigte mittlerweile schon auf vielen großen und kleinen Festen und Touren ihr Können. Die Kombo gab Klassiker wie „Smoke on the water“ und „Amazing Grace“ zum Besten. Die Mitglieder freuten sich sichtlich über das stattfindende Festival – und über die Resonanz des Publikums. Denn der Platz vor der Bühne war bis auf den letzten Zentimeter mit Zuhörern gefüllt. „Kauft Festivalkarten“, riet die Frontfrau in ihrer Ansprache. „Denn die sind günstiger als ein Psychologe.“ Wo sie Recht hat!
Nach diesem vielversprechenden Start folgte Crom, eine Band aus Niederbayern, die sich genretechnisch vom Rest des Line-Ups ziemlich unterschieden hat. Sie beschreibt ihren Stil als Epic/Melodic Metal und gründete sich bereits im Jahr 1997 als Hommage an ihre Vorbilder Bathory. Crom entpuppte sich als eine der größten Überraschungen an Tag 1 – denn während die Songs auf den Alben eher mit angezogener Handbremse daherkamen, lieferte die Band live einen wahren Abriss. Das dicht gedrängte Publikum zeigte sich begeistert, was auch für die Band, die darüber hinaus ihr 25-jähriges Bandjubiläum gefeiert hat, nochmal ein ziemlicher Motivationsschub gewesen sein dürfte. Bisher haben die Niederbayern drei Demos, zwei EPs und drei Alben veröffentlicht. Als Abschluss spielte die Band zur Freude des Publikums ein Cover von The Last Unicorn.
Absolut exklusiv konnte das Dark Troll Festival das Münchener Solo-Projekt Uprising, von keinem Geringeren als dem Mastermind „Winterherz“, also der Sänger von Waldgeflüster, auf die Schweinsburg holen. Dort spielte die Band eine von lediglich zwei Shows in diesem Jahr. Brachialer, purer Black Metal in Reinform brach hier zum ersten Mal an diesem Tag über die Ruine herein – ein heftiger Kontrast, kennt man die düsteren und melodischen Werke des Hauptprojekts Waldgeflüster. Extrem verzerrte Gitarrenakkorde, treibender Midtempo-Rhythmus und raue, geifernde Vocals erklangen in der Ruine. Kleines Manko: ein unangenehm lauter Bass.
Atmosphärisch und melodisch ging es weiter mit den schweizer Black Metallern von Cân Bardd, die Ende 2016 von Multiinstrumentalist Malo Civelli gegründet worden ist. Die Genfer lieferten eine Mischung aus atmosphärischem Black Metal und Folk Metal und galten als kleiner Geheimtipp auf dem Dark Troll Festival. Inspiriert wird der Stil von Cân Bardd durch Bands wie Saor und Gallowbraid. Thematisch greift die Band insbesondere das Thema der Naturbezogenheit auf. Der Bandname Cân Bardd ist walisischen Ursprungs und bedeutet sinngemäß „Das Lied des Barden“ oder die „Die Poesie des Barden“. Civelli wählte diesen Namen, da er sich nicht nur für die keltische Kultur interessiert, sondern die Musik von eben jener Folklore beeinflusst ist. Das Publikum feierte den Auftritt sehr, am Ende gab es langen Applaus.
Ziemlich Pech hatte anschließend Nocte Obducta, die übrigens auch ihren ersten Auftritt auf dem Dark Troll absolvierten wollten. Die 1993 gegründete Black/Death-Metal-Band starteten mit zehnminütiger Verspätung und kämpften anfangs mit technischen Problemen. Nichtsdestotrotz gaben die fünf Jungs Tracks aus dem Ende 2020 erschienenen Album „Irrlicht (Es schlägt dem Mond ein kaltes Herz)“ zum Besten.
Weil die ukrainische Band Khors aufgrund der aktuellen Kriegssituation im Land ihren Auftritt beim Dark Troll Festival absagen musste. Es folgte Musik aus der Konserve, um die Zeit zu überbrücken.
Um kurz nach 20 Uhr enterten die Pagan Metaller von Wolfchant die Bühne und sorgten für einen gewaltigen Abriss – das Publikum feierte das „Comeback“ der Bayern mit einem gebührenden Moshpit. Denn nach der eineinhalbjährigen Pandemie-Pause war es ungewiss, ob die Truppe wieder auf die Bühne zurückkehren würden. Nachdem die Band im Oktober 2018 nämlich über Facebook bekannt gegeben hatte, eine Pause einlegen zu wollen, veröffentlichten die Niederbayern im April 2021 schließlich ihr siebtes Album Omega : Bestia. Und zwar, ihr wisst es, mitten in der Hochzeit der Corona-Pandemie. Aber: Alles ging gut.
Als heiß ersehnter Headliner am ersten Abend lieferten die Norweger von Helheim – wie erwartet – vollends ab. Sie beehrten das Dark Troll Festival nach 2016 nun erneut. Seit den frühen 1990ern gilt die Band als absoluter Hochkaräter in der Black Metal Szene und stand bereits auf so ziemlich jeder großen Bühne Europas. Ihr aktuelles Album WoduridaR dreht sich erneut um die alten Sagen der Edda. Der Sound war perfekt abgemischt, die Zuschauerplätze randvoll. Ein Hörgenuss vom Feinsten – und eine Atmosphäre, die ihresgleichen suchte!
Totenwache beendete schließlich den fulminanten ersten Dark-Troll-Tag gebührend – und zwar mit ordentlichem, rohem und vor allem ziemlich lauten Black Metal, der quasi direkt in die Fresse ging und stark von finnischem Black Metal geprägt ist. Das Hamburger Trio mit typischem Corpse-Paint hatte sich im Jahr 2016 gegründet und seitdem eine Demo, eine Split, eine Compilation und ein Album veröffentlicht. Während der Pandemie ist außerdem die EP Kriegswesen erschienen.
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