Dark Troll Festival 2022: So war Tag 2

Mit Traumwetter und höchst bierseelig startete das Dark Troll Festival am Freitag auf der Schweinsburg in Bornstedt in den zweiten Tag. An den Campingplätzen herrschte ausgelassene Stimmung, und hier und da hörte man die Besucher schon jetzt nicht nur den ersten Tag rekapitulieren, sondern so manche Bandnamen, auf die Vorfreude herrschte, geisterten durch die Runde.

Tag 1 des Festivals war bereits ein voller Erfolg und vermittelte den Eindruck, als hätte es so etwas wie eine Corona-Pause niemals gegeben. Die Zuhörer hatten Bock auf Musik und sind scharenweise erschienen – die Tickets sind schon längst ausverkauft gewesen. Übrigens: Das Dark Troll Festival ist komplett behindertengerecht. Vereinzelt konnte man Rollstuhlfahrer entdecken, die sämtliche Wege einfach erreichen konnten, die Unterstützung fanden beim Buchen von Unterkünften und die mitten im Publikum moshen konnten.

Einen fulminanten Einstieg an der Ruine der sonnendurchfluteten Schweinsburg lieferte die Band Thjodrörir. Die Gruppe ist relativ spontan – nämlich nur wenige Tage vorher – für Nordic Raid eingesprungen, die mit Viking Metal den zweiten Tag einläuten sollten. Thjodrörir ist eine aufstrebende Band aus Schleswig-Holstein, die im Mai 2016 von Wawa, Cindy und Denny gegründet worden ist. Der Auftritt auf dem Dark Troll war nicht nur der erste der Band auf diesem Festival, sondern auch der erste Live-Einstand des neuen Schlagzeugers Lars. Und was soll man sagen? Thjodrörir lieferte ab. Und zwar richtig. Die Zuhörer drängten sich vor die Bühne und feierten feinsten Pagan Metal mit Blastbeats, tremolo Riffing und harschen Vocals. Die junge Band kam so gut an, dass das Publikum eine Zugabe forderte – und die bekam es auch. Was für ein unglaublicher Einstieg!

Es folgte Boötes Void, eine Black Metal Newcomer-Band aus dem Raum Würzburg, die es in sich hat. 2019 gegründet, ist die Band mittlerweile schon längst kein Geheimtipp mehr. Die Würzburger haben bereits zwei Alben veröffentlicht, Alder’s Heresy und die neue Scheibe C.O.L.D. und sorgten mit düsterem, okkulten Black Metal für einen starken Kontrast zur Vorgängergruppe. Die Band vermittelte den Eindruck, als sei man Teil eines Ritus’ und sorgte für eine unvergleichliche Atmosphäre. Boötes Void lieferte einen starken Auftritt ab, der auch danach noch von den Zuhörern vernehmbar als einprägsamster und bester Auftritt des Tages tituliert worden ist. Zurecht.

Die Pagan Black Metal Kombo Dark Seal aus Tschechien folgte sogleich und lieferte ihre allererste Deutschland-Show auf der Ruine der Schweinsburg ab. Mittlerweile hat die 2010 gegründete Band vier Alben veröffentlicht, eines davon während der Corona-Pandemie. Mit ihrem Auftritt, gepaart mit unfassbar epischen Cleanparts, wusste die Band aus unserem schönen Nachbarland zu überzeugen.

Dem Genre treu blieb auch die Band Äera und lieferte atmosphärischen Black Metal mit vereinzelten Post-Black-Metal-Elementen sowie teils folklorisch inspirierten Melodien. Ihr Album wurde von keinem geringeren als Markus Stock, Mastermind von Empyrium, aufgenommen. Der Klang von Äera ist einzigartig – es geht um eine Rückbesinnung auf die Beschaffenheit des menschlichen Wesens und eine Anklage an die Entfremdung durch die moderne, konsumorientierte Gesellschaft. Schmerz, Angst und Sehnsucht – diese Gefühle transportierte Äera mit ihrer Musik.

Als bislang erste – und auch einzige – weibliche Frontfrau auf diesem Festival betrat die finnische Künstlerin Vermilia nun die Bühne. Sie hat ihr Solo-Projekt erst 2017 gegründet und feierte ebenfalls ihren ersten Deutschland-Auftritt auf der Bornstedter Schweinsburg. Vermilias Musik ist ein Mix aus epischem skandinavischem Pagan Metal mit rohen Growls und sanften und melancholischen Gesangsparts. Auf der Burg schaffte die finnische Sängerin eine atmosphärische Stimmung – und sogar eine Rahmentrommel und eine Querflöte kamen zum Einsatz. Der Auftritt der Künstlerin kam gut an – und das Publikum dankte mit einem ordentlichen Moshpit.

Ebenso die Band Ruadh, bislang leider noch relativ unbekannt, feierte ihren ersten Deutschland-Auftritt auf dem Dark Troll Festival. Die schottische Band rund um Mastermind Tom Perrett, der von Gastmusikern begleitet wird, gilt bei Atmospheric Folk/Black Metal Liebhabern als Geheimtipp und hat sich im Jahr 2018 gegründet. Die Schotten schafften einen doch eher harten Kontrast zur Vorgängerin und überzeugten mit ihrer Musik, die immer wieder durch Perretts Klargesang aufgelockert wurde – der Platz vor der Bühne war randvoll und das Publikum begeistert. Sänger Perrett vertont in seiner Musik alte Sagen aus der schottischen Heimat und kreierte auch auf der Bühne epische Momente, die das große Potenzial von Ruadh erkennen ließen und große Unterhaltung boten.

The Spirit lieferte – wie man schon im Vornherein erwarten durfte – ordentlich ab. Bereits auf dem Fimbul Festival hat die 2015 in Saarbrücken gegründete Band vollends überzeugt, und somit durfte die Kombo nun auf dem Dark Troll nicht fehlen. The Spirit haucht dem Black/Death-Metal-Genre neues Leben ein und entführt die Zuhörer in kosmische Weiten. Genauso geheimnisumwoben, wie der Großteil des Weltalls, sind übrigens auch die Identitäten der Bandmitglieder – viel ist über die einzelnen Musiker nicht bekannt. Macht aber nichts, denn sie überzeugen mit ihrer Musik und lassen sie für sich sprechen. Und dass die Jungs talentiert sind, haben sie mehr als einmal bewiesen: Ihr Debütalbum “Sounds From The Vortex” veröffentlichen sie einfach mal gleich bei Nuclear Blast. Und somit stehen sie in Kollegenschaft zu einigen der verdientesten Acts der Extreme Metal-Historie. Chapeau! Live auf der Schweinsburg boten die Musiker noch einmal eine völlig andere Atmosphäre, die mitreißend war und den Klang auf den bisher veröffentlichten Alben noch einmal toppte. Schade war allerdings nur eines: der Sound. Der Bass dröhnte viel zu laut und unangenehm, sodass einige Zuschauer “zwangsweise” gehen mussten.

Die vorletzte Band des zweiten Tages auf der Schweinsburg war heiß ersehnt: die legendäre Gruppe Manegarm aus Schweden. Sie sind die Veteranen des Viking-Folk-Metals, haben sich 1995 gegründet und waren somit auch wegweisend für das Genre insgesamt. Immer wieder verwenden die Schweden traditionelle Instrumente, wie die Violine oder Flöte, teilweise auch Frauengesang, um die ganz besondere Atmosphäre ihrer Musik zu kreieren. Zehn Studioalben hat Manegarm bislang veröffentlicht – und ihr neuestes Album, erst vor wenigen Monaten erschienen, präsentierten die Schweden nun auch neben Klassikern wie Blodörn, auf der Schweinsburg. Und was soll man sagen? Band und Publikum haben völlig abgerissen. Mehrere Moshpits bildeten sich, es gab sogar Crowdsurfer, der Sound war perfekt abgemischt und alle feierten gemeinsam eine große Metal-Sause.

Von der wilden Party zu schwerer Kost: Die Österreicher Ellende beendeten schließlich den zweiten Tag gebührend mit feinstem Ambient- und Atmospheric-Black-Metal. In den Lyrics der Grazer geht es hauptsächlich um Themen wie Existenzialismus, Melancholie, Wut und Hoffnung. 2011 gegründet, hat die Band bislang drei EPs und drei Alben veröffentlicht, die international in höchsten Tönen gelobt worden sind. Der Auftritt auf dem Dark Troll Festival darf gut und gerne als eines der Highlights bezeichnet werden, lieferte Ellende doch in gewohnter Manier mit großartigem Sound eine Atmosphäre, die Gänsehaut verschaffte.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*