Dark Troll Festival, Freitag 10.05.2024

Um den Vatertag rum regten sich auf Burg Bornstedt dunkle Geschöpfe, um Gleichgesinnte zu einer finsteren Musikveranstaltung einzuladen. Das Dark Troll Festival fand dieses Jahr vom 09.05.- bis 11.05.2024 wieder auf der Burgruine in Bornstedt statt. An drei Tagen spielten Bands aus den Genres Black-, Pagan- und Folk Metal. Dark-Art war vor Ort und hat die Auftritte mit Bild und Bericht für euch festgehalten. 

Der Freitag war sonnig und an den Ständen wurde eiskaltes Kellerbier ausgeschenkt. Was könnte fehlen, um den Moment perfekt zu gestalten? Wie wäre es mit brachiale, kantige Riffs und tiefe Growls, abgerundet von melodischem Gegenspiel, dazu vielleicht ein Dudelsack und ein riesiges Plüschtier? Genau, es fehlte nur Tales of Ratatösk, der Auftakt des Freitags und die zweite Band mit Dudelsack in der Position. Bevor die Musiker mit dem Konzert starteten, da war der Platz bereits gerammelt voll mit Besucher. Dann begann der Auftritt und die Party begann. Es wurde gejubelt, geklatscht und getanzt. Auch bildete sich der größte Circle Pit des gesamten Dark Troll Festival. Doch dies war kein Zufall, den mitten im Auftritt schnappte sich eine Person, welche wie ein Bandmitglied geschminkt war, das große Eichhörnchen und lief los. Die Besucher sollten ihr folgen und schon begann der Rundlauf. Der Pit verlief am Anfang noch sehr gemütlich, da sehr viele Personen am Lauf teilnehmen wollten und der Platz begrenzt war. Mit dabei waren auch mindestens zwei weitere plüschige (aber erheblich) kleinere Gefährten von Töski. So tanzten und sprangen die Besucher mehrere Runde, bis Tales of Ratatösk eine Wall of Death in zwei Anläufen organisieren konnte. Daraus entstand ein wilder Moshpit, welcher noch bis zum Ending anhielt und noch ewig weiter ging, wenn der Sound nicht abrupt abgestellt geworden wäre. Darauf reagierten die Besucher mit lauten Buuuh-Rufen. Das hatte ich nicht erwartet und bewies, welche Partykanone Tales of Ratatösk ist. 

Fire and Ice, The Hunt, The Foresight, Andro, Ballad of Sigrun, Battle of the doomed Gods, Treason and Betrayal, The Traveller´s Song

Die nächste Band ist ein echter Kontrast zu Tales of Ratatösk und ihrer Musik. Bei Jord waren halb so viele Musiker auf der Bühne und deren Musik war wuchtiger, schwerer und langatmiger. Eine Musik, die sich langsam, aber stetig in ihrer Struktur aufbaut und den Zuhörer in weite Sphären entführt. Mit nur drei Musikern erschaffen sie ein dichtes Klanggewand. Besonders der tiefe, grollende Gesang des Sängers war so packend, dass nach der ausgelassenen Stimmung bei diesem Auftritt wie in Trance genickt und langsam das Haupthaar geschüttelt wurde. Besonders blieb mir der Moment in Erinnerung, als der Sänger einen kehligen Hochgesang anstimmte und die gesamte Crowd die Hände hochrissen. Es wirkte fast wie ein altes, archaisches Ritual, an dem das gesamte Dark Troll Festival teilnahm. In diesem Moment stieg auch der Drummer von seinem Platz und klopfte den anderen Musikern freundschaftlich auf die Schulter, bevor er wieder an seinen Platz ging. Jord war der Auftakt einiger folgenden Black Metal-Bands, welche noch in verschiedene Spielarten des Genres zeigen sollten, und diesen Posten besetzten sie gut. 

Kyla, Mara, Ur Askan, The Fall, Snöfödd, Själens Död, Vilddjurets Hjärta, Tundra

Am Freitag spielten gleich zwei Bands desselben musikalischen Schlages hintereinander, aber im Gegensatz zu Jord war die Musik von Autumn Nostalgie rockiger und atmosphärischer, mit einer ruhigeren Gangart und einer nicht zu verleugnenden Eleganz. Diese Eleganz zeigte sich auch bei Band und Bühnendekoration: Drei Gesichter im Stil antiker Büsten standen mit einigem Abstand zueinander vor den Drums. Schlicht, aber dafür umso ausdrucksstärker. Die Musiker trugen dazu schwarze Hemden mit gleichfarbigen Hosen, welche ebenfalls bereits erwähnte, schlichte Eleganz verströmte. Der Atmospheric Black Metal von Autumn Nostalgie war durchsetzt mit sanften Abschnitten, die das Tempo bis fast zum Stilstand drosselten, nur um sich dann mit pechschwarzen Riffs und dröhnenden Drums in langer Kurve empor zu schrauben. Die Besucher vor der Bühne wurden zu einem Meer auf Haaren, welche in einem Rhythmus den Wellen gleich zur Bühne hin schwappten. Ein besonderer Anblick, welche mich ergriff und an dem Tag nie wieder loslassen sollte. Mit Autumn Nostalgie hatte das Dark Troll Festival einen ganz besonderen Auftritt. 

Zwar nicht die erste Black Metal Band am Freitag, trieben Theotoxin einen Keil aus schwarzem Eisen in das Line-Up und bis Graveworm wird keine andere Band eine so aggressive Musik spielen. Bei Dark-Art haben wir ein Review ihres letzten Albums  Fragment: Totenruh verfasst und wir durften sie auf dem Dark Eastern Metal Meeting live sehen. Vorweg, ihre Performance auf dem Dark Troll Festival war für mich das bisher beste Konzert, welches ich von ihnen erleben durfte. Die Bandmitglieder erschienen mit Corpsepaint und schwarzen Mundtücher auf der Bühne, während O Fortuna von Carl Orffs Carmina Burana aus den Lautsprechern spielte. Dann ging es Schlag auf Schlag mit ihrem kantigen und rasiermesserscharfen Black Metal. Während die Musiker von Theotoxin wie eine Mauer aus Untoten auf der Bühne standen und einen brutalen Riff nach dem nächsten spielten, da schlich der Sänger einem Ghul gleich über die Bühne. So hockte er lauernd an der Kante der Bühne, bis er sich für den Gesang erhob und mit ausschweifenden Gesten seinen Gesang unterstrich. Diese Performance wiederholte sich mehrmals und ich genoss sie von dem ersten Moment an.  Der laute Applaus am Ende war der Beweis, dass ich mit meiner Meinung zu Theotoxin nicht allein war.

Golden Tomb, Demise of the Gilded Age, Sanatory Silence, Philosopher, Perennial Lunacy, World, Burn for Us, Toward the Chasm 

Die Wolken lichteten sich und strahlendes Sonnenlicht durchstieß das satte Grün des Waldes und flutete die Bühne mit Licht. In diesem Moment betrat Vermilia die Bühne und begann ein Konzert der besonderen Art. Wenige Wochen zuvor sahen wir von Dark-Art das Solo-Projekt der gleichnamigen Künstlerin live auf dem Ragnarök Festival und darauf basierend verfassten wir auch einen Artikel in unserer Rubrik Band der Woche über das musikalische Projekt. Die Musiker verbinden Black Metal mit verspielten Melodien und einem kräftigen, hellem Gesang und schaffen damit zwei voneinander liegende Pole miteinander zu verflechten. Ich schien nicht der einzige Freund solcher Kontraste in der Musik zu sein, denn die Leute drängten sich schnell in großer Anzahl vor die Bühne. So abwechslungsreich ihre Musik war, so abwechslungsreich war die Reaktion der Zuschauer: Manche ließen ihr offenes Haupthaar durch die Luft segeln, andere klatschten laut im Takt und wiederum andere standen mit einem seligen Lächeln da und ließen sich von der Musik umspülen. Vermilia hat nach Theotoxin eine sanftere Note in das Line-Up gebracht und dies wurde dankbar begrüßt und die Sängerin bedankte sich mehrmals mit offener Ehrlichkeit beim Publikum für ihr Erscheinen. Ein schönes Konzert auf der schönen Burgruine. 

Alkusointu, Äiti Maa, Vedestä Vieraantunut, Hautavajo, Maisema, Sanoittaja, Ruska, Tuonen Joki, Marras, Kaipaus

Der Wind rauscht sanft durch die Äste über der Bühne und die Sonne scheint freundlich auf die Besucher herab. Nach Vermilia breitete sich eine angenehme, freundliche Atmosphäre unter den Besuchern aus. Doch die Idylle auf der Schweinsburg wurde schlagartig mit einem Knall beendet. Wie eine Bombe schlug Graveworm auf der Bühne auf und im Schlepptau eine Musik, die in Punkto Tempo, Wucht und Aggressivität ein bis dato nie gekanntes Level aufhatte. Vor der Bühne (und vereinzelt auf den Tribünen) brach die Trollwut aus und wie im Wahn wurden lange Metal-Mähnen geschüttelt. Die Musiker mussten wohl ebenfalls infiziert gewesen sein, die mit ihren Haaren wild kreisende Bewegungen gemacht haben. Die menschlichen Windmühlen allein auf der Bühne hätten Bornstedt mit einem Jahresvorrat an Strom und Mehl versorgen können. Bei Verzehr wäre ich nur vorsichtig, da das Mehl wahrscheinlich mit Eisensplitter durchsetzt wäre. Im letzten Drittel der Show animierte der Sänger Stefan Fiori zu mehr Chaos vor der Bühne und schlagartig verdreifachten sich die Headbanger und bewegten die Köpfe im Gleichtakt. Dieser beeindruckende Moment krönte den Auftritt von Graveworm und der darauffolgende Moshpit adelte die Musiker auf dem Dark Troll Festival.

Escorting the Soul, To the Empire of Madness, Downfall of Heaven, Awake, Dead Words, Legions Unleashed, We Are the Resistance, Hateful Design

Der erste Headliner des Tages feierte auch zugleich seine Deutschlandpremiere auf dem Dark Troll Festival. Gemeint ist das Solo-Projekt Midnight Odyssey von Tony Parker alias Dis Pater aus Australien. Der Musiker erschien in langen, schwarzen Mönchsgewand und schwarz-weißem Make-up. Die anderen Musiker trugen, trugen ebenfalls Kapuzen auf dem Kopf oder wie Timothy James Yatras ebenfalls ein Mönchsgewand. Die Musik ist ein wilder Mix aus verschiedenen Genres, wobei Black Metal das hörbare Fundament bildet und andere musikalische Spielarten wurden eingeflochten. So wurden vor einigen Liedern kurze Melodien aus dem Computer abgespielt, ähnlich von Intro von Alben, in die die Musiker mit ihren Instrumenten einstiegen. Häufig waren es melodische Passagen, welche den Black Metal dominierten oder als primäre Musik ablösten. Das Keyboard schien in den Fällen das Hauptinstrument hinter der Musik von Midnight Odyssey zu sein. Die Musik hatte fast keine Ecken oder Kanten, bis auf die tiefen Screams von Tony Parker. Dieser Eindruck wurde für mich verstärkt, als ich das Fehlen eines Drummers realisierte. Dies könnte als Kritik aufgefasst werden, aber das Gegenteil war der Fall. Der Auftritt war eine traumhafte Odyssee, welche aber die Albträume weit umschiffte. 

Wie ein unheiliger Leuchtturm thronte die beleuchtete Turmruine über der Bühne. Vor der Bühne versammelten sich hunderte schwarze Gestalten in stummer Erwartung. Sie warteten alle gemeinsam auf den zweiten Headliner des Abends, die norwegische Band Einherjer. Die Band feierte in diesem Jahr ihr 30-jährigen Bestehen und wir bekamen ein großes Stück der akustischen Geburtstagstorte serviert. Ihre Musik ist ein abwechslungsreicher Pagan Metal, welche zwischen kantigen Metal mit schwarzmetallischen Anleihen und kurze, fesselnden und melodischen Passagen hin und her sprangen. Das Ergebnis war ein Fest für Ohren und Nackenmuskeln. Die Show von Einherjer begann ohne Ansagen oder ausufernden Intros, die Musiker betraten mit den Instrumenten die Bühne. Mit einem Paukenschlag flog die Riffs durch die alten Ruinen und die Party begann. In der zweiten Hälfte steigerte sich die Stimmung bis in den pechschwarzen Himmel! Die beiden Brecher der Setliste, Odin Owns Ye All und Dragons of the North, wurden fast hintereinander gespielt. Für das Lied Odin Owns Ye All (nicht zu verwechseln mit dem Lied von Månegarm) übernahm einer der Gitarristen den Gesang und bei Dragons of the North eskalierte die Crowd vor der Bühne vollständig. Über diesen wogenden Meers aus springenden Körpern und fliegenden Haaren thronte Einherjer und beendeten einen gelungenen Auftritt als Headliner des diesjährigen Dark Troll Festival.

The Blood and the Iron, Stars, Nord og Ner, Mine Våpen Mine Ord, Malmting, Balladen Om Bifrost, Odin Owns Ye All, Aurora Borealis, Dragons of the North, Ironbound, Far Far North 

Es war tiefste Nacht als die Geräusche von Regen und marschierenden Stiefel über den Platz erscholl. Eine sanfte Frauenstimme gesellte sich dazu und kündigte damit die letzte Band des Tages ein: Nornir. Auf dem Wolfszeit Festival 2023 traten sie ebenfalls auf, aber am helllichten Tag. In der Nacht verstärkte sich die Wirkung der Darstellung auf der Bühne. Die Feuerschalen waren umso eindrucksvoller und das rote Licht ließ die Musiker noch unmenschlicher wirken, als es ihr Corpsepaint, die Killernieten und Patronengurte bereits vermochten.  In diesem Ambiente betrat Nornir die Bühne und stellte sich mit dem Rücken zu den Zuschauern. Dort verharrten sie bis zum Ende des Intros, nur um dann ohne Ansage mit der Musik zu beginnen. Dieser schnörkellose Anfang war der Auftakt für eine übergangslose Show, welche von einem Lied zum nächsten führte, ohne aber zu rasen oder auf nötige Pausen zu verzichten. Es wurde schlicht und einfach nichts gesagt und das tat dem Auftritt erstaunlich gut. Sie spielten einen rauen, kantigen Black Metal und erstaunlich viele Besucher versammelten sich ein letztes Mal für den Tag auf dem Burgplatz. Als Nornir ihren Auftritt beendeten, da riefen die Besucher noch sehr lange nach einer Zugabe. Der Veranstalter Kelly betrat persönlich die Bühne und erklärte den Auftritt für beendet und dass die Musiker nicht mehr erscheinen werden. Die Besucher buuhten Kelly dafür lautstark aus, ein aus meiner Sicht sehr unschönes Verhalten von den Besuchern und so endete der Abend mit einem faden Beigeschmack. 

 

Kommentar von Steffi:

Der zweite Tag startete direkt mit wunderbarem Sonnenschein und guter Laune. Ich meine, wer bekommt bei der sympathischen Truppe der Tales of Ratatösk keine gute Laune? Also die Schuhe geschnürt und rund (im wahrsten Sinne des Wortes) ging es mit meinen Herzenshörnchen. Es war wie immer ein Fest und der knallevolle Innenhof sprach für sich!

Aber auch Autumn Nostalgie konnten mich fast sofort in ihren Bann ziehen. Düster, melodisch und perfekt zum headbangen… Das ist genau meines und die Jungs verstehen ihr Handwerk. Ihr kennt sie nicht? Da habt ihr was verpasst!

Das war aber noch nicht alles… Midnight Odyssey haben mich ja sowas von überrascht. Ich hatte mich vorher nie mit ihnen beschäftigt, aber sehr wohl die Ankündigung gelesen. Da ich bei kleinerem Festival gerne alles auf mich zukommen lasse, habe ich vorher nicht hereingehört. Meine Güte, was war das bitte?! Es hatte, glaube ich, keine zwei Sekunden gedauert, da hatten die mich. Atmosphärisch, klangvoll, getragen von der Melodie des Keyboards und stellenweise fast ohne Gesang oder Growls. Ich konnte, und wollte, mich dem definitiv nicht entziehen. Was für ein Auftritt, der definitiv mein Highlight am Freitag war. Hoffentlich schaffen sie es bald ein zweites Mal nach Deutschland!

Das Einzige, was diesen wunderbaren Tag etwas trübte, war das absolut dämliche Ausbuhen seitens einiger Besucher nach dem Auftritt von Nornir. Leute, das ist echt unnötig. Nornir haben richtig abgeliefert und waren platt. Danach die Band auszubuhen, weil sie keine weitere Zugabe spielen, ist doch schon etwas respektlos. So kennt man euch doch normalerweise auch nicht. Natürlich hatte das Weiterlaufen des Outros und die noch erleuchtete Bühne Hoffnung gemacht, aber das ist noch lange kein Grund. Bitte unterlasst das einfach, es hinterlässt wirklich einen faden Beigeschmack. Danke

 

 

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