Festivalbericht: E-Tropolis 2025

Eine lange Schlange vor der Turbinenhalle an einem Samstagmittag im März kann nur eines bedeuten: Es ist wieder E-Tropolis! Die schwarze Szene versammelte sich also wieder einmal für ein Elektrofest der Extraklasse. Aber bevor es losging, wurde sich noch mit Merch und Bonmarken eingedeckt, die man für alles vom Spind bis hin zum Schnitzelbrötchen brauchte. An sich eine gute Idee, um Bargeld zu reduzieren, aber leider kann man sie hinterher nicht mehr zurücktauschen.

Die Location, die 1909 als Turbinenhalle zur Erzeugung von Strom für die Eisenhütte II der Gutehoffnungshütte gebaut wurde, ist perfekt geeignet für ein Festival wie dieses. Obwohl inzwischen mehrfach umgebaut, sind noch viele alte Stahlträger und Reste von Deckenkränen zu sehen. Mit drei Hallen, die hier genutzt wurden, bietet das Gebäude genug Platz für alle. Während in Halle 1 und 2 Musik lief, war Halle 3 für Essen und andere Stände reserviert. Bedauerlicherweise gab es nur wenige Essensstände, was immer zu sehr langen Schlangen führte. Die Toiletten liegen zentral und sind von überall gut zu erreichen.

Mit den Worten „Guten Tach Oberhausen, ist denn schon wieder März?“ wurde die Menge von Moderator Jens Domgörgen begrüßt und ohne große Umschweife ging auch schon das Programm los.

Den Auftakt machten ELM, die nach einem langen Intro im dichten Nebel die Bühne betraten. Sehr auffällig war dabei die Pauke auf der Bühne, die am unteren Ende der Klangwand ordentlich Druck aufbaute. Sänger und Namensgeber Peter Elm tanzte in Ekstase zur Musik oder marschiert im Takt über die Bühne, ohne jegliche Ansagen ans Publikum. Aber nicht nur auf der Bühne wurde sich viel bewegt, auch das Publikum in der inzwischen gut gefüllten Halle tanzte im Stroboskoplicht hin und her, aber so richtig warm war es noch nicht.

Die Aliens mit grünen Krawatten und steilen Friesen haben eine große Anhängerschaft unter den Anwesenden, so sah man doch viele dieser Krawatten auch im Publikum aufblitzen, genau wie grüne Lichter an den Händen der Leute. Für Alienare war es das erste Mal E-Tropolis und dann direkt auf der Main Stage, was natürlich nur durch die „besten Fans der Welt“ möglich sei. Auf die Frage, wer aus Versehen so früh da sein und die Band noch nicht kenne, meldeten sich vielleicht drei Personen, entsprechend wusste der gesamte Saal, dass es eine Mitmachband ist und fleißig winken und klatschen und singen durfte. Passend zum Album Lumen fiel das Licht mitten im Set für etwas über einen Song aus und die Band stand im Dunkeln da, nur durch das projizierte Logo im Hintergrund erleuchtet. Aber das tat der Stimmung absolut keinen Abbruch, denn es ging einfach weiter und irgendwann ging das Licht auch wieder an.

Auf der 2nd Stage eröffnete derweil Tension Control wortkarg mit „Wir sind Tension Control„, bevor es basslastig in die Vollen ging. Ein bisschen wurde dann schon noch geredet, so erfuhr das Publikum, dass Vadim seit kurzem verlobt sei, was ihm natürlich einiges an Applaus einbrachte. Aber hauptsächlich gab es natürlich Musik, die die Halle 2 zum Tanzen brachte, immer begleitet durch die Cover von Alben und Singles der Band, die den Backdrop bildeten. Was will man mehr?

Auf der Main Stage ging anschließend weiter mit Rue Oberkampf. Die Bühne war zunächst vollkommen ins Dunkel gehüllt, wurde dann aber passend zum Intro von Hope and Fear pulsierend durch eine leuchtende Pyramide erhellt, bevor die Stage in weißes Licht getaucht wurde. Die minimalistische Lichtshow wurde erst im zweiten Song um die Farbe Rot und im dritten um blau erweitert. Sängerin Julia de Jouy richtete nur die Worte „Wir sind Rue Oberkampf aus München und die Bühne ist ziemlich geil“ ans Publikum. Nach dem etwas ruhigeren, melancholischen Beginn, wurde das Set mit der Zeit härter, bis die Halle voller Bewegung und die Luft voller Bass war.

Mit grellem orangen Licht kündigten sich auf der 2nd Stage Orange Sector an. Der wahrscheinlich bunteste Act des Abends wusste beim Publikum zu überzeugen, wie konnte es auch anders sein. Ballernde Bässe funktionieren eben immer. Das sehr abwechslungsreiche, bunte Stroboskoplicht sorgte in Kombination mit dem Nebel leider auch dafür, dass man zumindest anfangs nur sehr wenig von dem erkennen konnte, was auf der Bühne passierte. Der Stimmung war das natürlich egal.

Auf der Main Stage wurden Empathy Test angekündigt. Moderator Jens würde am liebsten Sänger Isaac Howlett adoptieren, aber irgendwie klappe das nie. Die Bühne wurde in Blau getaucht und blieb auch das gesamte Set über für jeden Song hauptsächlich in einer Farbe, durchschnitten durch weiße Strahler, die meistens parallel zur Decke leuchteten. Isaac transportierte die Melancholie der Songs sehr gut, das Publikum wurde angesteckt. Es machte auch wunderbar mit bei den Mitsingparts. Ein mit Lichtshow untermaltes Drumsolo wurde auch noch spendiert. Isaac erzählte, er sei sehr dankbar. Wenn man ihm vor 10 Jahren gesagt hätte, dass er in 10 Jahren immer noch dieses „Empathy Test Ding“ am Laufen hat, hätte er es nicht geglaubt. Er erzählte auch, dass die Leute regelmäßig verwirrt seien, wann denn jetzt der Empathy Test stattfinden würde. Vielleicht auf der kommenden Tour im Herbst?

Im Anschluss gab es auf der 2nd Stage ein absolutes Brett. Der Saal musste wegen Überfüllung geschlossen werden, so viele Leute wollten Chrom sehen. Das ergibt aber Sinn, wenn man bedenkt, dass es auf der Main Stage keine Konkurrenz gab. Sowohl im Saal als auch auf der Bühne gab es viel Bewegung und das nicht nur auf dem Hintergrund, der hauptsächlich Animationen des Logos zeigte. Sänger Christian Marquis stand oft vorne auf den Boxen und zeigte, wie kleine die Bühne sein kann, gestikulierte und stachelte die Menge an. Winken, klatschen, tanzen, alles war dabei. Abgesehen von den Worten „Guten Tag Oberhausen“ gab es kaum Ansagen, aber umso mehr Musik um die Ohren.

Die Mainstage wurde derweil von Aesthetic Perfection geentert. Ein Throwback, eine Reise, 10 Jahre zurück in der Zeit, zu alten Aggrotech-Tagen. So war auch die Begrüßung „We are Aesthetic Perfection and we are going back in time“. Sie waren da, um Party zu machen und sie machten Party, sehr viel davon. Sowohl auf als auch vor der Bühne war Eskalation angesagt. Obwohl sie nur zu zweit waren und man erst dachte, dass die Bühne etwas zu groß sei, wurde man direkt eines Besseren belehrt. Sänger, Produzent und Mastermind Daniel Graves füllte sie alleine komplett aus. Er lief, rannte, sprang, tanzte umher, heizte das Publikum weiter an. Ob schon genug sei? Nein natürlich nicht! Hände in die Luft und winken, springen, tanzen und natürlich viel Jubel und Applaus.

Entsprechend leer war es bei The Invincible Spirit. Die Leute, die da waren, waren aber mit Leidenschaft dabei und hatten sehr viel Spaß. Auf der Bühne herrschte mindestens genau so viel Freude. Auch bei The Invincible Spirit war das Motto: Weniger ist mehr, so wurden nur kurz die Bandmitglieder vorgestellt und die Menge begrüßt, aber sonst gab es nicht viel Gerede.

Ebenfalls ohne viel Gerede, aber mit kurzen Audioproblemen, legten Hocico los. Die ersten, die den Screen auf der Mainstage für die Show nutzten und nicht nur ihr Logo anzeigten, wissen, wie man Party macht. Neben Songtexten, Bildern, Videos und Animationen auf dem Bildschirm, gab es auch eine ausgefeilte Lichtshow und sehr viel Bewegung. Wie schon bei Aesthetic Perfection fragte man sich, ob die Bühne eigentlich zu groß war, weil sie nur zu zweit waren, oder viel zu klein, weil sich Sänger Erk Aicrag die Bühne in voller Länge ausnutzte. Das Publikum musste hier nicht mehr angeheizt werden, es war bereits am Kochen wie die Hochöfen, für die die Turbinenhalle in längst vergangen Zeiten Strom bereitstellte. Auch hier gab es kaum Ansagen, denn der Bass ist wichtiger!

Auf der 2nd Stage kündigte Jens nun eine Band an, zu der er eine kleine Anekdote erzählen musste. Er hatte vor langer Zeit auf einem Festival moderiert und dort mit den Jungs von Spetsnaz gesoffen und sehr viel Spaß gehabt, woraus eine Freundschaft entstanden sei. Spetsnaz aus Schweden freuten sich sehr, wieder in Deutschland zu sein und sogen den Jubel der Menge förmlich in sich auf, bedankten sich aber auch brav nach jedem Song für den Applaus. Mit Apathy aus 2005 gab es einen Song, den sie laut eigener Aussage „seit über Million Jahre“ nicht mehr gespielt hätten, das Publikum freute sich sehr darüber. Es fühle sich gut an, auf einer Bühne zu stehen, denn Spetsnaz hätten 15 Stunden Autofahrt hinter sich, so Sänger Pontus Stålberg. Diese Freude merkte man sofort.

Jens schleifte indessen Celene Nox, ihres Zeichens schon Teil des Moderatorenteams des Amphifestivals, mit auf die Main Stage, um gemeinsam die nächste Band anzukündigen. Das war tatsächlich ihr erstes E-Tropolis, nachdem sie letztes Jahr zum ersten Mal beim Amphi moderieren durfte. Die Pause für die Ansage wurde genutzt, um einmal der gesamten Crew, der Security und allen Unterstützenden zu danken und einen großen Applaus für diese tollen Menschen abzuholen.

Solar Fake werden tatsächlich immer viel auf diversen Festivals gewünscht und sie spielen auch immer auf sehr vielen. Heute allerdings in anderer Besetzung, denn André ist leider krank geworden und wurde ersetzt. Mit einem Bass bewaffnet sah man ihn auch auf den Boxen vor der Bühne herumrennen und von Box zu Box hüpfen. Die Show wurde von einer, die meiste Zeit sehr symmetrischen Lichtshow, und faszinierenden Animationen untermalt. Der Trend des Tages, wenige Ansagen zu machen, zog sich weiter durch, denn auch hier wurde kaum geredet. Die Leute klatschten, sangen und tanzten trotzdem mit, denn der berühmt, berüchtigte Funke sprang sofort über, was auch an Sven Friedrichs sympathischer Art lag.

Ohne große Ankündigung kamen Rotersand, der Headliner der 2nd Stage, aus. Nur mit den Worten „Oberhausen!“ betrat Sänger Rascal Nikov die Bühne. Wer aber bei der kurzen Begrüßung jetzt denkt, hier wäre wenig Energie im Spiel gewesen, liegt falsch, denn es schepperte so sehr, dass der Boden der Empore vibrierte und die Vibration in jede Faser des Körpers übertragen wurde. Rascal spielte mit seinem Mikrofonständer, hob ihn hoch, trug ihn herum und zeigte damit ins Publikum. Im Laufe des Auftritts zog er seine Jacke aus, holte eine Feder-Boa, mit der er posierte und umher wehte. Die Frage „Seid ihr gut drauf?“ wurde mit lautem Jubel quittiert, die Frage, ob alle noch da sind, erübrigte sich. Nach dem Ende von Solar Fake wurde diese Halle erneut wegen Überfüllung geschlossen. Als erster und einziger Act des Abends gab es hier sogar Tänzer*innen auf der Bühne, um die Show zu untermalen. Ein kleines Easter-Egg für die Nerds waren Videosschnipsel von Daleks, die zerstört wurden.

Auf der Main Stage musste vor dem Headliner natürlich mit allen zusammen ein Gruppenfoto gemacht werden. Jens Domgörgen kam auf die Bühne und weil er ja Kölner ist, wurden für das Foto auf „Kölle Alaaf“ alle Hände in die Höhe gerissen.

Anschließend wurden die heißen Typen aus Bristol angekündigt. Mesh waren der gebührende Abschluss des Tages. Das Bühnenbild wurde um acht LED-Streifen erweitert. Der große Bildschirm wurde hauptsächlich für Filmausschnitte und Musikvideos genutzt. Richard Silverthorn wechselte zwischendrin von Keyboard auf Gitarre. Die Emotionen der Songs übertrugen sich direkt auf die Menge, sie wurde sofort in den Bann gezogen. Vor allem nach dem Ende von Rotersand war die Halle 1 brechend voll. Der Auftritt wurde über die gesamte Spielzeit gefühlt immer lauter, immer intensiver, als würde alles auf einen großen Knall am Ende hinarbeiten. Und dann wurde die Bühne schwarz. Mit viel Jubel konnte die Band für die Zugabe Taken for Granted wieder auf die Bühne geholt werden und nicht nur die Band, auch alle anderen, die an diesem Tag auf dieser Bühne stehen durften, kamen mit. Sänger Mark Hockings bedankte sich: „Thank you very much. This is very kind“. Die Zeilen „I need to start again / take me far away“ waberten durch die Halle, getragen vom Publikum, was aus voller Inbrunst mitsang. Einmal mehr wurde die Bühne dunkel, ein letztes Mal für diesen großartigen Tag.

Das E-Tropolis Festival ist ein tolles Festival, die Menschen sind super, die Location ist cool, die Securitys sind freundlich und die Preise sind für ein Festival vollkommen in Ordnung. Wir waren dieses Jahr das erste Mal da, aber wir werden definitiv wieder kommen.

 

Bericht und Bilder: Eric

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