Was wäre ein Hexentanzfestival ohne Regen? Schlechtes Wetter gehört ja quasi zur Tradition des Festivals und so war es auch auf dem neuen Gelände des Eventwerks Saar in Großrosseln. Der festere, zu Teilen geschotterte, Boden verhinderte zum Glück das Schlimmste. Trotzdem stand der zweite Tag ganz im Zeichen des Regens und des Schlamms. Der Einlass funktionierte heute deutlich besser als noch am Tag zuvor, die wartende Menge war auch beträchtlich größer. Bei dem Line-up des Tages auch schwer verwunderlich, es wurde schließlich heute mehrfach Geschichte geschrieben. Neue Ankündigungen, silberne Hochzeiten, aber auch schwermütige Abschiede zeichneten diesen Festivaltag aus.
Snow White Blood
Der mit Abstand emotionalste Act des gesamten Festivals waren die Opener Snow White Blood, denn es war ihr letztes Konzert vor ihrer Auflösung. Anscheinend war das nicht allen bekannt, denn als Sängerin Ulli Perhonen dies erwähnte, wurde das mit einem lauten „Was??“ aus der ersten Reihe quittiert. Man konnte hinterher einige verdrückte (und in einem Fall auch strömende) Tränen beobachten. Viele Stimmen behaupteten auch, dass sie die Band erst heute kennengelernt und sich sofort in diese verliebt hätten und die Auflösung deshalb umso trauriger sei. Gerade Ulli zeigte mit ihrer beeindruckenden Stimme, dass sie auch live einfach abliefern kann. Und selbst der neue Gitarrist Till, der nur für zwei Konzerte Teil der Band war, spielte, als würde er schon immer dazu gehören. Gespielt wurden ausschließlich Songs des Albums Hope Springs Eternal, mit dem grandiosen You Belong to Me als krönendem Abschluss. Das dreißigminütige Set war eigentlich viel zu kurz und der Slot ziemlich undankbar, denn die Band hätte definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Wie gut Snow White Blood bei den Fans ankamen, zeigte sich auch hinterher am Merch Stand, der förmlich leergekauft wurde. Viele versuchten noch ein letztes Exemplar der Shirts, CDs oder des Märchenapfels zu ergattern und eines der letzten Autogramme oder Fotos abzustauben.
Ingrimm
Die durch den Abschied etwas gedrückte Stimmung wurde aber sogleich von Ingrimm aufgeheitert, auch wenn einige den Auftritt zumindest teilweise verpassten, weil sie noch am Merch Stand zugegen waren. Der hart gespielte Mittelalter Metal regte zum Schubsetanz an, es bildete sich der erste von vielen Moshpits des Tages. Der nicht mehr ganz so neue Sänger Uli zeigte, dass er seinen Vorgängern in nichts nachsteht, obwohl alle gespielten Songs aus vor seiner Zeit stammten. Insgesamt ein sehr mitreißender Auftritt, der die Feuchtigkeit, die einem langsam kalt die Beine hochkroch, für einen Moment vergessen ließ – vielleicht auch, weil man bei dem Set nicht lange stillhalten konnte.
Manntra
Neben Snow White Blood schrieben auch Manntra heute Geschichte. Während erstere sich verabschiedeten, starteten zweitere jetzt richtig durch. Die Kroaten, die zurzeit mit Tanzwut auf Tour sind, spielten nicht nur Songs des letzten Albums Kreatura, sondern auch, den zu dem Zeitpunkt noch nicht erschienen Song Morana und das im Juli kommende Stück Et in Peccatum zum ersten Mal überhaupt live und kündigten gleichzeitig ihr neues Album War of the Heathens an, was im September erscheinen soll. Der Regen wurde mit Kiša vertrieben, was zumindest zeitweise funktionierte und natürlich mussten auch Klassiker wie Ori Ori gespielt werden. Die folkloristischen Instrumente kamen im Gegensatz zu denen der zahlreichen Mittelalter-Bands des Festivals zwar größtenteils vom Band, dafür konnten sie mit einer ausgiebigen Pyroshow aufwarten. Das Zitat „Ey sorry, aber die haben die Hütte ganz schön abgerissen“ eines Festivalbesuchers, fasst die Show eigentlich ziemlich gut zusammen.
Harpyie
Munter weiter ging es mit Harpyie, die die Menge direkt in ihren (Blut-)bann zogen, obwohl gleichzeitig die Autogrammstunde von Schandmaul stattfand, was der Band einiges an Konkurrenz machte. Aber zum Glück konnte man auch am Meet and Greet Stand ganz gut hören, was auf der Bühne so abging. Sie begeisterten mit neuen und alten Songs, aber auch mit Coversongs wie Blue von Eiffel 65 oder Wenn ich tot bin von Luna Luna. Egal ob wildes Haareschütteln zu Okkult, ein Meer aus Händen zu Seemann Ahoi oder ein Moshpit zu Freakshow, die Crowd war immer mit dabei. Mit einer wehenden Regenbogenflagge passend zu Löwenherz setzte die Band zum Abschluss ein starkes Statement für Offenheit.
Mr. Irish Bastard
Obwohl Irish Folk nicht so recht in das sehr metallastige Line-Up passen wollte, tat dies der Stimmung keinen Abbruch. Nach anfänglichen Soundproblemen, die den Start des Auftritts verzögerten, war auf einmal die Bühne voll, denn die sieben Jungs und Mädels von Mr. Irish Bastard betraten selbige. Allerdings beschwerte sich das Publikum lautstark, dass gerade Sänger Mr Irish Bastard viel zu leise und kaum verständlich sei. Das Problem wurde aber kurzerhand aus der Welt geschafft. Die Leute gingen fröhlich zur Musik mit oder nutzten die Zeit, um sich an den Verkaufsständen neu einzukleiden oder sich mit Verpflegung einzudecken. Irgendjemand hatte Konfetti mitgebracht und verteilte dieses für den Rest des Tages bei jeder Gelegenheit über den gesamten Platz. Es wurde aber auch deutlich, dass einige nicht gerade wegen dieser Band hergekommen waren.
Tanzwut
Es heißt, in der Walpurgisnacht kommen die Hexen zusammen, um mit dem Teufel zu tanzen. Entsprechend musste er mit seiner Kapelle Teil des Hexentanzes sein. Die Tanzwut stattete dem Hexentanzfestival schon viermal einen Besuch ab und war auch dieses Jahr wieder mit dabei. Die Gruppe feierte Silberne Hochzeit und ist zurzeit mit Manntra als Support auf Tour. Das Album Silberne Hochzeit legt viele alte Songs der Band neu auf und entsprechend gab es eine musikalische Reise querbeet durch alle Epochen. Die Scherze und Schandtaten des Teufels stießen bei dem ohnehin schon gut gelaunten Publikum genau wie die Musik deutlich auf Anklang.
Schandmaul
Der Act, der den ganzen Tag heiß erwartet wurde, war Schandmaul. Mit allerlei folkloristischen Instrumenten und Feuershow wurde das Ende des Tages eingeläutet und das Konzert, was 2018 noch durch eine Sturmwarnung abgebrochen werden musste, konnte gebührend nachgeholt werden. Obwohl die zweite silberne Hochzeit des Tages nicht die härteste der zahlreichen Mittelalter-Rock Bands des Festivals war, kam sie wunderbar an und sogar der ein oder andere Crowdsurfer wurde gesichtet. Mit diesem Highlight ging ein verregneter, aber geschichtsträchtiger Festivaltag zu Ende.
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