Konzertbericht: Igorrr European Tour, Batschkapp Frankfurt, 09.10.2025

Igorrr ist ein Phänomen, was man live erlebt haben muss. Zum Glück machte die Band auf ihrer European Tour auch in Deutschland halt. Die Batschkapp in Frankfurt am Main wurde zu einem Ort des Wahnsinns, des Genies und purer Energie. Drei Bands, die sich im Kern ähneln, denn sie experimentieren gerne, aber doch unterschiedlicher kaum sein könnten, kamen zusammen. Igorrr wurden nämlich von der Avantgarde-Death-Metal-Band Imperial Triumphant und dem Computer-Metal-Projekt Master Boot Record begleitet.

 

Imperial Triumphant

Der Saal wurde dunkel und auf der Leinwand im Hintergrund lief ein Cartoon-Intro mit einem rauchenden Skelett, wie eine Zigarettenwerbung aus den 20er Jahren. Anschließend betrat Drummer Kenny Grohowski die Bühne mit einer Taschenlampe, die nach oben gerichtet war. Es folgten Gitarrist Zachary Ezrin und Bassist Steve Blanco. Alle drei trugen verschiedene, sehr aufwendig gestaltete goldene Masken. Während des gesamten Sets liefen diverse Visuals auf der Leinwand im Hintergrund, beispielsweise Cinematics einer Stadt. Der Retrofuturismus und die Faszination der Roaring Twenties waren in jeder Faser zu spüren.

Untypisch für Bands der eher härteren Spielart war das helle Licht von vorne, was sicherstellte, dass man immer alles gut sehen konnte. Imperial Triumphant interagierte lediglich mit Gesten mit dem Publikum, es wurde keine Zeit mit Worten verschwendet. Steve kam gelegentlich nach vorne und spielte auf den Boxen. Irgendwann nahm Zachary die Flasche Sekt, die schon von Beginn an auf einem Verstärker am Rande der Bühne stand, schüttelte und öffnete sie. Die ersten Reihen erhielten daraufhin eine Sektdusche.

So ganz schien die Avantgarde-Death-Metal-Band aber nicht anzukommen. Gelegentliches Kopfnicken und vor allem am Anfang noch recht zaghafter Applaus nach den Songs war das höchste der Gefühle.

Master Boot Record

Experimenteller wurde es mit Master Boot Record. Das Computer-Metal-Projekt setzte das richtige Setting schon mit der Deko: Bildschirme aus verschiedenen Epochen, auf denen zunächst nur ein Testbild, später aber diverse Videos zu sehen waren, teils Gameplay von Retrogames. Während des Umbaus lief von Techno zu Hardbass alles Mögliche. Hier ging das Publikum schon ein bisschen ab. Mastermind hinter dem Projekt ist Vittorio D’Amore alias Victor Love, der die Bühne mit einem C64 betrat, diesen einmal küsste, und dann hinter sich neben die Bildschirme stellte. Es folgten vergleichsweise unspektakulär Gitarrist Edoardo Taddel und Drummer Giulio Galati. Die Leinwand zeigte die Buchstaben MBR, die sehr verdächtig nach dem IBM-Logo aussahen. Das Set begann und die Leinwand zeigte die Oberfläche von MS-DOS, wo jemand durch Menüs und Eingaben navigierte, passend zum Song Config.sys. 

Doom wurde begleitet von Doom-Gameplay im Hintergrund. Aber selbstverständlich das alte Doom aus 1993 und nicht das von 2016. Passenderweise warf Victor eine Floppy Disk mit Doom für MS-DOS in die Menge. Bei manchen Songs spielte Victor auch ein kleines Synthie-Solo auf der Tastatur seines C64. Am Ende des Auftritts wurden nochmal einige Floppies geworfen, darunter Prince of Persia, Secret of Monkey Island und nochmal Doom.

Das Publikum war zu dem Zeitpunkt schon sehr viel aufgewärmter, sei es, weil MBR besser ankamen als Imperial Triumphant oder die Vorfreude auf Igorrr. Die Stimmung war am Brodeln.

Igorrr

Einen weiteren Stilwechsel brachte die Umbaupause vor Igorrr, denn es ertönte klassische Klaviermusik. Es wurde wieder dunkel in der Halle, bevor ein Herzschlag erklang, der irgendwann in eine Bass Drum überging. Die Bühne in rotes Licht getaucht, erleuchtete das stilisierte I als Logo der Band im Hintergrund weiß auf. JB Le Bail sang das Intro von Daemoni in einer Kutte mit Kapuze ähnlich der der beiden großen Gestalten, die die Bühne säumten. Sängerin Marthe Alexandre bekam ein Spotlight von oben, während Lichtleisten von unten einen roten Vorhang in den Nebel warfen.

Allgemein muss hier einmal auf das Licht während der Show eingegangen werden, denn selten sieht man eine so präzise und durchdachte Show. Auf jeden Schlag und zu jeder Kleinigkeit in der Musik passierte dazu passend etwas. So präzise, dass es auffallend ist. Wenn in ADHD die weißen Lichter anfangen durcheinander zu flackern, aber es jedes Mal exakt auf einen Schlag im Lied passiert, ist das sehr beeindruckend. JB Le Bail und Marthe Alexandre bekamen in Soloparts immer einen Spot in der Mitte, oder traten während Duetten abwechselt ins Licht.

Die Liebe für ihre Musik zeigte die Band aber nicht nur mit der Lichtshow. Gautier Serre, das Mastermind, stand die meiste Zeit oben auf seiner „Kanzel“, mit allerlei Instrumenten, wie Keyboards, Gitarren und Trommeln. Von hier aus dirigierte er gelegentlich die Menge, aber meistens sah man ihn für sich Drumparts in der Luft mit trommeln, oder Songs in der Luft zu dirigieren. Aber auch in der Halle ging ordentlich zur Sache. Zwischen mehreren kleinen Moshpits gab es bei Polyphonic Rust sogar einige wenige Crowdsurfer. Leider ohne Bagger und ohne Klavier auf der Bühne, aber mindestens genauso gut wurde Headbutt gespielt. 

Silence wurde von einem schönen Show-piece begleitet: Marthe Alexandre trug nun nicht mehr ein rotes, sondern ein weißes Kleid. Sie sang zuerst auf dem Rücken liegend, stand im Laufe des Songs auf, ließ sich aber immer wieder fallen, als die verzerrten Drums einsetzten. So „kämpfte“ sie sich nach oben, bis sie am Ende aufrecht stand und sich wie die Figur in einer Spieluhr um die eigene Achse drehte. Im direkten Kontrast dazu stand Viande, zu dem es eine Walll of Death gab. Schlagzeuger Rémi Serafi verlor sogar ein Becken, was ihm vom Drum-Tech während des Songs wieder aufgesetzt wurde. Mit Himalaya Massive Ritual wurde sich verabschiedet, aber der Saal blieb dunkel.

Igorrr„-Rufe erschallten und sie wurden erhört. Very Noise zerschnitt die erwartungsvolle Stimmung, wieder einmal mit einer sehr schön choreografierten Lichtshow. Mit Opus Brain und großem Applaus endete das Konzert. Die Genre-Mischung an diesem Abend war sehr wild, aber irgendwie auch sehr passend. Es hat sehr viel Spaß gemacht, sowohl Igorrr natürlich, als auch die Auftritte der anderen Bands, auch wenn Imperial Triumphant nicht so ganz überzeugen konnte.

Setlist: Daemoni // Spaghetti Forever // Nervous Waltz // Blastbeat Falafel // Downgrade Desert // ADHD // ieuD // Hollow Tree // Polyphonic Rust // Heatbutt // Infestis // Pure Dispoportionate Black and White Nihilism // Silence // Viande // Himalaya Massive Ritual
Zugabe: Very Noise // Camel Dancefloor // Opus Brain

Bericht: Eric
Bilder: Matthias

 

Mehr von den Bands bei Dark-Art findet ihr hier:

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