
Am 15. März 2025 konnten wir Ankor wieder live erleben. Dieses Mal waren sie nicht im Kesselhaus zu sehen, sondern im wundervollen Colos-Saal in Aschaffenburg. Wie nicht anders zu erwarten, bot das abwechslungsreiche Line-up eine stimmungsvolle Mischung aus düsterem Melodic Metal, hymnischem Metalcore und energiegeladenem Alternative Metal.
Während die Vorbands A Dark Reborn und Conquer Divide das Publikum auf Betriebstemperatur brachten, setzte die Hauptband Ankor schließlich den Höhepunkt und krönte den Abend mit einer beeindruckenden Performance. Ist es Ankor gelungen, die letzten Live-Erlebnisse zu toppen? Das erfahrt ihr jetzt.
Ein gelungener und überraschender Auftakt
Als man zum ersten Mal von der spanischen Band A Dark Reborn las und hörte, wurde man mit der Genreeinteilung Melodic Death Metal konfrontiert. Es war eine Überraschung für mich, denn eines hatte ich bei den letzten Konzerten mit Ankor gelernt – sie hatten ein gutes Händchen für Vorbands. Diese waren immer im gleichen Genre einzuordnen. Ankor und Death Metal – ich war gespannt.
Mit Gitarrenklängen kamen die beiden Gitarristen und der Bassist auf die Bühne, und mit viel Headbangen begann die Show. Von der ersten Minute an überzeugte Sängerin Lur mit ihrer kraftvollen und ausdrucksstarken Stimme. Ihr Klargesang hatte eine schöne Stimmfarbe, und dann growlte sie mit einer Leichtigkeit los. Erfreulicherweise gab es immer mehr Frauen, die diesen Gesangsstil beherrschten. Für zusätzliche Tiefe sorgte auch Bassist Ivan, der gleich im ersten Song Backing Growls beisteuerte.
Bei so viel Energie war auf das Aschaffenburger Publikum Verlass, sodass schon beim ersten Song mit den Händen dirigiert und das T-Shirt in die Luft gehalten wurde. Neben dem gewohnt gut gelaunten Publikum konnte man sicher sein, dass die Musiker die Monitorbox in Anspruch nahmen. Sängerin Lur stand während der Show immer wieder auf der Box, und so konnten die Gesten zu den Songs bis in die letzte Reihe der gut gefüllten Venue verfolgt werden. Der zweite Song, Illusions, wurde von Leadgitarrist Thomas mit einem energiegeladenen Gitarrensolo eingeleitet. Kein Wunder, dass die Dynamik schnell überschwappte, und schon nach dem zweiten Song wurde getanzt, gepogt, die Hände in die Luft gerissen und sich für die beiden Hauptacts warm gemacht. Einer der Höhepunkte für mich war bei Ritual das Duett zwischen Frontfrau Lun und Gitarrist Thomas.
Mit ihrer Mischung aus brachialem Gitarrensound von den beiden Gitarristen Thomas und Dennis und der Unterstützung von Bassist Ivan wurde die Stimmung richtig angeheizt. Abgerundet wurde das Ganze durch die Breakdowns von Schlagzeuger Saül und der virtuosen Sängerin Lun.
Fazit:
Wenn Melodic Death Metal immer so melodiös, kraftvoll und gesanglich gut war, konnte ich mich mit diesem Genre sehr gut anfreunden.
Setlist: Keida // Illusions // Ritual // Dark Matter // Levitating the Void // The Flight
Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter mit der zweiten Band des Abends.
Conquer Divide: Frischer Wind mit neuer Besetzung – oder nur Gastsänger?
Auch diese Band erstaunte mich. Für mich handelte es sich bei Conquer Divide um eine reine Frauenband. Mit dem Ausstieg von Janel Duarte wurde die Position des Bassisten/Growlsängers vakant. Letztes Jahr übernahm Madison Moon diese Position. Beim Konzert/Tournee übernahm ein Sänger/Bassist diesen Part, ebenso fehlte Drummerin Samantha Landa beim Konzert. Sie wurde von einem Drummer ersetzt.
Dieser Wechsel in der Besetzung tat der Stimmung keinen Abbruch, und so wurden immer wieder Circle Pits durch den Gastsänger in Gang gesetzt. Er war sehr präsent auf der Bühne und forderte das Publikum zum Mitmachen auf. Kiarely Castillo brachte mit ihrem Gesang den emotionalen Ausdruck in die Songs. Sie wirbelte, tanzte über die Bühne, stand auf der Monitorbox und übernahm alle Klargesänge. Leider war ihre Stimme aus meiner Position nicht so kraftvoll wie die der Vorband.
Was der Stimmung aber keinen Abbruch tat, so wurden die Hände zu Wellen geschwungen, gepogt, bei Ansage Circle Pits gemacht und bei Paralyze eine Wall of Death durchgeführt. Neben der Power der beiden Sänger glänzte Kristen Sturgis mit virtuosen Gitarrensoli, unterstützt von Isabel Johnsons präziser Rhythmusarbeit. Die Fans bedankten sich bei der Combo, die neben Songs aus dem letzten Album auch den neuen Song Bad Dreams präsentierten, nicht nur mit den beschriebenen Szenen, sondern auch mit Crowdsurfing. Im Colos Saal wurde oft auf den Graben verzichtet, und so stand die Surferin dann wirklich direkt auf der Bühne. Nach kurzem Umarmen der Sängerin verließ sie die Bühne wieder.
Es war ein wunderschönes Konzert. Die Gastmusiker brachten wirklich viel Energie auf die Bühne, sodass man das Gefühl hatte, sie waren mit Herzblut dabei. Auch wenn mir einige Songs gefehlt hatten, war die Show eindrucksvoll, schweißtreibend, und Conquer Divide heizten für Ankor gut ein.
Setlist: Atonment // Chemicals // Pressure // Eyes Wide Shut // Wide Awake // Paralyzed // Bad Dreams // The Invisible // System_Failure // Newheaven // Welcome2Paradise
Zur Vorbereitung und dem Umbau der Bühne wurde vor der Hauptband der Vorhang geschlossen. Das hatte schon etwas von Theater. Mit Gesprächen unter Fans verging die Umbauphase sehr schnell.
Ankor: Der Höhepunkt des Abends
Das Intro von Darkbeat ertönte. Der Vorhang öffnete sich und die Venue explodierte. Ein ohrenbetäubender Jubel und – Moment – es war nicht Darkbeat, es war Venom. Ein genialer Schachzug, und erwartungsgemäß waren alle on fire. Gitarrist Fito Martinez lag mal auf dem Boden, um im nächsten Moment bei Drummerin Eleni Nota auf dem Podest zu stehen oder wieder bei Bassist Julio López. Der Saal klatschte, und die ersten aufgewärmten Fans pogten fleißig weiter. Am Ende des ersten Liedes tauchten Nebelsäulen auf und die Bühne wurde vom Nebel eingehüllt.
Mit Walking Dead betrat ein Klassiker die Bühne. Der Refrain wurde lautstark mitgesungen, mit den Händen wurde fleißig gebounced, gesprungen und gepogt. Auf der Bühne war ein Theater mit Instrumenten aufgebaut, Sängerin Jesse Williams und Gitarrist Fito Martinez spielten die Hauptrollen. Bei einer Strophe schüttelte er erst den Kopf, und dann … passend zum Text und den Bassdrums und der Hand der Sängerin gegen ihn ging er zu Boden. Dass bei so viel Action auf der Bühne der Saal brannte, brauchte ich wohl nicht zu erwähnen. Genau das liebte ich an Ankor jedes Mal aufs Neue, denn die Dynamik war wie ein Kreislauf, und man konnte nicht anders, als fett zu grinsen. Damit gehörten sie für mich zu den besten Bands im Female Fronted Metalcore.
Zu Ankor gehörten nicht nur die Spielfreude und das musikalische Können, sondern auch die Nähe zu den Fans. Ich hatte schon das Vergnügen, den Gitarristen Fito und Bassisten Julio im Pit oder Stagediving zu erleben. Diesmal hatte die Sängerin Jesse Williams die Ehre, und so startete sie The Legend of Charles the Giant im Pit, und es folgte die erste Crowdsurferin. Eine interessante Beobachtung war, als wir im Publikum wieder einmal die Hände von rechts nach links schwangen und Gitarrist Fito und Bassist Julio ihre Körper synchron dazu schwangen. Immer wieder wurden die Gitarren vom Körper weggestreckt und in der Luft weitergespielt. Von Gitarrist Fito war ich nichts anderes gewohnt, als dass er wie ein HB-Männchen kniend, stehend, hüpfend über die Bühne fegte, Bassist Julio war mir in den letzten Shows nicht bewusst, aber er war auch gefühlt überall auf der Bühne.
Shhh…(I’m Not Gonna Lose It) gehörte ebenfalls zu den Klassikern der Ankor-Konzerte. Vorne begann das Lied, und hinter der Sängerin wurde mal Wut und „ihr seid anders“ von Bassisten und Gitarristen tatkräftig umgesetzt. Ob es wohl gewollt war, dass Fito über die Bühne fegte und erst kurz vor dem Rand zum Stehen kam? Zum Song passte es auf jeden Fall. Für seinen Gesangspart streckte Fito seine Gitarre aus, sie wurde ihm weggenommen, und so wirbelte er einfach ohne Gitarre weiter über die Bühne.
Nebula war wieder ein neuer Song, und ich hatte meinen Harley-Quinn-Moment, als Sängerin Jesse mit Baseballschläger bewaffnet über die Bühne flitzte. Es folgte dann noch die Einlage, dass Bassist und Gitarrist am Boden lagen und ihre Soli spielten. Tja, und das Publikum ließ das Spektakel ruhig und gelangweilt, mit Moshpits, laut mitsingen und viel Jubel über sich ergehen. Apropos ruhig, mit Oblivion wurde es wirklich mal etwas ruhiger, und mit Nebelsäulen verschwand die Band schon von der Bühne.
Zum Glück sahen das alle so, und mit lauten Ankor-Rufen kam Eleni Nato auf die Bühne und startete mit ihrem Drum-Solo Runde zwei. Das Ende von Interstellar wurde lautstark von den Zuschauern unterstützt, und mit Mikro in die Menge gehalten sangen wir alle begeistert mit Oh-oh-oh die Melodie mit, und das auch nach dem Song. Es folgte Prisoner mit einer Pit von rechts nach links und dann Darkbeat. Jeder, der meinte, das war es – nope – weit gefehlt.
Es fehlte doch noch das Tanzlied Hill Valley. Und waren vorher alle Crowdsurfer ruhig, bei dem Lied waren dann zum Teil drei Leute gleichzeitig unterwegs – unter anderem der Herr für den Merch. Aber auch während dem Song gab es schon was zu schmunzeln, denn Bassist Julio López setzte seine LED-Blinkebrille auf. Nach diesem Song ging die Band nochmals von der Bühne.
Sie wurden mit Hey-Rufen und Klatschen zurückgeholt, und es folgte als Abspann Shoganai. Ein sehr imposantes, symphonisches Lied, und ich war doch etwas überrascht, denn den Gesangspart übernahm dieses Mal Gitarrist David Romeu. Zum Ende des Songs gingen die Crowdsurferinnen noch mal an den Start, und nach dem Song wurde einfach weiter gefeiert, mit Licht an und viel Freude. So nahm zum Beispiel Fito kurz Anlauf, um in die Menge zu springen und dann erst abzubremsen – und dann surfte er. Es verwunderte mich nicht. Was mich dann eher verwunderte, war, dass Jesse James noch das Cover Moonlight Shadow anstimmte, und wir alle ließen singend den Abend ausklingen.
Fazit des Abends:
Ja, es war zu toppen oder mindestens zu halten. Leider war gesundheitsbedingt unser Fotograf ausgefallen, deshalb gibt es keine Fotos. Trotz allem wollte ich euch dieses Fest der puren Spielfreude, Virtuosität und Energie nicht vorenthalten. Es war, wie jedes Mal, wieder eine Variante eines Wellness-Urlaubs. Ich freute mich auf das nächste Mal mit Ankor.
Setlist: Venom // Walking Dead // Stereo // The Legend of Charles the Giant // Nebula // Shhh…(I’m Not Gonna Lose It) // The Monster I Am // Oblivion // Drum Solo / Interstellar // Prisoner // Darkbeat // Hill Valley // Embers // Shoganai // Moonlight Shadow (Mike Oldfield Cover)
Hier noch eine Impression vom Konzert von der offiziellen Seite von Ankor:
Bericht: Andrea
Mehr von den Bands bei Dark-Art findet ihr hier:
- Konzertbericht Ankor – Summer Tours, Schlachthof Wiesbaden, 06.08.2024
- Wacken Open Air 2024 – Freitag
- Konzertbericht: Ankor, Support Blaze the Train – Schlachthof Wiesbaden, 05.11.2023
- Wacken Open Air 2023 – Mittwoch
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