Meinungsbeitrag: Leiden wir Metalheads schon an der Skip-Krankheit?

„Schöne neue Heavy Metal Welt?“ ist eine Kolumne unseres Autors Josef. Es handelt sich hierbei um einen persönlichen Meinungsbeitrag, der unabhängig von den Standpunkten der leitenden Redaktion agiert.

Vorwort:
Kennt ihr das? Mal eben schnell in das Auto gestiegen, das Handy gezückt und mit dem Radio verbunden. Jetzt nur noch die passende Beschallung für den epischen Roadtrip (zum nächsten Aldi um die Ecke) heraussuchen und es kann endlich losgehen. Doch man fühlt sich förmlich erschlagen, von der Auswahl, die einem auf dem Display angezeigt wird. Statt den nächstbesten Song seiner Favoriten Playlist abzuspielen, wird während der Fahrt immer weiter auf die Skip-Taste eingeschlagen. Der Hintergedanke dabei: Man ist ja nur ein Klick zum jetzt für die Gefühlslage und Situation absolut besten und perfekten passenden Song entfernt.
Statt Hörgenuss bei der Autofahrt entgegenzunehmen, wird die halbe Fahrtzeit somit mit dem ewigen Suchen nach was Besseres verschwendet. Klingt nach euch? Kein Problem, so geht es mir auch. Deswegen stelle ich mir heute die Frage, ob wir Metalheads schon Opfer der Skip-Krankheit geworden sind.

Die Fakten:
Der technologische Fortschritt hat bekanntlich auch bei uns in der Metal-Szene zugeschlagen.
Die Streaming-Angebote haben uns wirklich kinderleicht gemacht, schnell und einfach auf jeden Track zugreifen, auf man gerade Bock hat. Ihr findet auf Album X nur den Track Y und Z gut? Dank der eben genannten Errungenschaft könnt ihr diese beiden Songs herauspicken und den Rest links liegen lassen. Doch wo liegt dabei das Problem? Machen wir dazu mal einen kleinen Abstecher in die Vergangenheit. Dort gab es bekanntlich nicht das Gefühl 24 Stunden am Tag von einer Auswahl größer, als der Schuldenberg unserer Bundesrepublik erschlagen zu werden. Musik war noch auf eine Platte gepresst und unterwegs durfte man sich über die Musikkassette ärgern, die schon wieder einen Bandsalat (ärgerlich, aber dafür ohne Kalorien) verursacht hat.
Das großartige Weiterspringen der Tracks war auf diesen Medien deutlich schwieriger, das Zusammenstellen von Lieblingssongs als Tracklist viel aufwändiger und mit mehr Zeit sowie Liebe verbunden. Somit blieben einem damals viel mehr Situationen übrig, bei der einfach ein Album stumpf durchgehört werden musste. Dabei wurde jeder gerade förmlich dazu gezwungen, mehr Zeit mit dem Gesamtwerk zu verbringen. Dabei lässt sich (so ist es zumindest bei mir) folgendes feststellen: Man genießt das Werk (vorausgesetzt es ist im Ganzen keine Total-Katastrophe) viel mehr und schaltet deutlich schneller runter. Der Hörgenuss spielt sich stärker ein, weil man das Werk als ganzes nun mehr schätzen lernt und man das hinfiebern zu einer bestimmten Stelle viel mehr spürt. Ich merke das immer oft, wenn ich in meinen Sommerwagen sitze, der nur mit einem alten MC-Radio bestückt ist. Kassette vorspulen oder schnell zwischen den Bands, Alben hin und her wechseln ist da eher schwierig. Auch die Auswahl ist auf das, was ich auf den Magnetbändern habe, beschränkt und nicht wie im Stream quasi unendlich. Heißt für mich Kassette rein und mit dem glücklich sein, was ich habe. Und was soll ich sagen? Es macht wirklich Spaß, seine Skip-Sucht dadurch auszutricksen. Es wirkt so schön entschleunigend. Statt ewig zu suchen, hat man sofort das gefunden, was einen musikalisch zufrieden stellt.

Fazit:
Doch was lernen wir aus der ganzen Nummer? Müssen wir die Streaming-Angebote oder das Abspielen von MP3-Dateien via USB-Stick zum Teufel jagen und uns wieder ein Kassettendeck in die Mittelkonsole unseres Wagens kloppen?
Einfach gesagt: Nein, müssen wir nicht. Es reicht aus, sich ab und zu die Frage zu stellen, ob man wieder etwas mehr Hörgenuss und weniger Auswahl-Stress haben möchte. Kombiniert mit einem aktiven „Heute wähle ich ein festes Album aus oder gib mich damit zufrieden, was mir gerade vorgeschlagen wird und lasse es durchlaufen“ Verhalten kann man bestimmt dazu beitragen, die Skip-Krankheit abzumildern und das Jucken im Finger mal die Stirn zu bieten. Ich verspreche euch, ihr könnt damit Songs, die sonst immer übersprungen werden oder ganze Alben wieder mehr ins Herz schließen und somit neu entdecken. Sowas steigert den Spaß und die Freude an der Klang-Kunst. Und keine Sorge für alle (das gilt auch für mich), die ohne die Funktion Skip nicht leben können: Rückschläge sind bei der Skip-Krankheit auch kein Weltuntergang. Trotzdem versucht es doch einfach mal mit meinen oben genannten Vorschlag.

Wie seht ihr das? Kennt ihr das von mir genannte Problem des Auswahl-Stresses oder habt ihr dazu gar keine Berührungspunkte? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen!

Weitere Kolumnen bei Dark-Art findet ihr hier:

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*