Review: Antinoë – Whispers from the Dark Past

Release: 07.04.2023

Genre: Dark Piano, Acoustic Black Metal

Spieldauer: 45:14

Label: Orko Productions

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Tracklist:

  1. I Am The Black Wizards
  2. Key to the Gate
  3. Life Eternal
  4. Isøders Dronning
  5. I Troldskog Faren Vild
  6. En Vind av Sorg
  7. Mother North
  8. Mourning Palace
  9. Warrior of the Crescent Moon

Das erste Full-Length Album der Künstlerin Antinoë ist erschienen und hört auf den düsteren Namen Whispers from the Dark Past. Doch was verbirgt sich genau hinter diesen Namen und wieso sich hier eventuell eine ganz spannende Idee versteckt, das erfahrt ihr in diesem Review.

Wer in den letzten Wochen regelmäßig unsere Rubrik Band der Woche verfolgt hat, der wird eventuell über unseren Artikel über Antinoë gestolpert sein. Die spanische Künstlerin veröffentlichte seit 2021 insgesamt vier EPs. Über ihre Musik wurde in dem Artikel ausführlich eingegangen. Zusammengefasst verbindet Antinoë ein minimalistisches und manchmal melancholisches Pianospiel mit einer zarten Gesangsstimme. Mit genau diesen musikalischen Werkzeugen machte sie ein Cover-Album mit neun Liedern. Die Gemeinsamkeit der ausgewählten Künstler und Lieder ist folgendes: Die Bands stammen alle aus Skandinavien, sie produzierten die gemeinten Lieder in den 90ern und ihr Genre ist Black Metal. Richtig gelesen, Black Metal!

Die Künstlerin hat sich eine ganze Reihe nordischer Höllenlieder und eiskalter Hymnen der Verzweiflung ausgesucht und allesamt sind das bekannte Stücke, die in so mancher Playliste auftauchen. Diese Lieder interpretiert die junge Künstlerin neu. Ob dieser Plan aufgeht oder scheitert, erzähle ich euch gern.

Vorab möchte ich das Cover des Albums lobend hervorheben. Die detaillierte Zeichnung einer abgebrannten Kirche in einem Winterwald trifft das Thema norwegischen Black Metals sehr gut. Hier könnte man sich auf Abgedroschenheit und fehlende Kreativität versteifen, wird doch diese Musik gern mit brennenden Gotteshäusern in Verbindung gebracht. Der Vorreiter dieser Darstellung, Varg Vikernes, hat auf seinem Album Aske bereits dieses Motiv verwendet. Doch wirkt das Bild hier ruhiger, besinnlicher und vermittelt eher das bekannte Motiv, aber Jahre später. Die Ruine ist bereits Teil des Waldes, wie auch die Musik bereits etabliertes Mitglied der Szene ist. Das Logo von Antinoë vermittelt dabei einen femininen, sanften Touch, der passend zu ihrer bisherigen Musik ist. Eine sehr gute Wahl, finde ich.

Der Anfang macht I Am the Black Wizards von Emperor aus dem Jahr 1992. Ein brachialer Sound von der ersten Minute an, ausdrucksstarke Screaming und ein orchestraler Einschlag ab der zweiten Minute. Antinoë präsentiert dagegen ein düsteres Pianospiel, welches besonders in den ersten fünf Sekunden sehr drückend wirkt, und kombiniert dies ebenfalls mit einem choralen Gesangspart. Der Gesang schwebt wie eine dunkle Wolke über dem instrumentalen Teil, aber dafür wird vollständig auf den Scream verzichtet. Dadurch erhält das Stück eine Schwermut, die mich an ihr Stück Myst von der gleichnamigen EP erinnert, aber es fehlt vollständig die treibende Kraft und Brutalität des Originals.

Danach folgt Key to the Gate von Burzum von 1993. Hier findet sich auch ein Unterschied zwischen dem Cover und dem Original. Ersteres ist ganze eineinhalb Minuten kürzer. Im Original zettert Varg mit grausiger Stimme, während im Hintergrund das Drum wummert und ein Gitarrensolo zum Dahinschmelzen. Dieses Lied hat so viel invernale Energie, aber was bietet uns Antinoë dafür an? Ein schwerer Ton beginnt das Stück und ein viel sachteres Tempo wird dirigiert. Dieses Pianostück hat nichts von der Hektik des Originals, aber dafür zitiert die Künstlerin in prophetischer Manier den originalen Liedtext.

In den nächsten Liedern finden sich ein ähnliches Muster, die Originale und die Interpretation driften weit auseinander. Dafür präsentiert uns Antinoë eine Eigeninterpretation der jeweiligen Lieder und ihre eigene Version von Finsternis, aber mit mehr ätherischer Melancholie und weniger mit einer eisigen Brutalität. Als Beispiel könnte hier Life Eternal genannt werden. Das Original stammt von Mayhem und erschien 1994 auf dem Album De Mysteriis Dom Sathanas. Das Lied ist wie ein brutales Gewitter, welches gnadenlos auf den Hörer eindrischt, und dazu die vor Verachtung triefende Stimme von Attila Csihars. Antinoës Version von Life Eternal, mit ihren ätherischen Klängen, sanften Tastenspiel und einem gehauchten Gesang, bewegt sich in eine komplett andere Richtung. Dafür empfinde ich den Abschluss ihrer Version, mit hohen, klimpernden Spiel auf den Klaviertasten als sehr angenehm und erinnerte mich an ein Windspiel, welches in einer sanften Brise schaukelt.

Die Musik von Antinoë bildet mehr Kontraste als Gemeinsamkeiten, aber in einigen Stücken finden sich Wiedererkennungsmerkmale der originalen Lieder. In En Vind av Sorg von Darkthrone fängt sie die Kantigkeit und die Ernsthaftigkeit der Musik ein. In ihrem Stück Mourning Palace übernimmt sie den legendären Anfang des Liedes und die Melodie des Refrains. Im Original verwenden Dimmu Borgir ein Keyboard in ihrem Lied, ein Vorteil für Antinoë. Zwischen den beiden genannten Abschnitten findet sich eine komplexe und virtuos vorgetragene Klangkulisse und einen hallenden Gesang. In den Liedern Mother North, von Satiricon und I Troldskog Faren Vild von Ulver, konstruiert sie mit vergleichsweise verspielten Melodien einen echten Kontrast zu den altvorderen Musikstücken.

Für sich allein ist das Album wundervoll. Allein mit dem Piano als Instrument generiert sie eine minimalistische Musik, die aber vor Abwechslung nur so strotzen kann. Es finden sich Höhen und Tiefen, der Geschwindigkeit und der Gesangsarten von Lied zu Lied echte Unterschiede. Man muss dies aber in dem Rahmen einer Solo-Künstlerin betrachten, aber dafür ist das Ergebnis umso überraschender. Selten habe ich Pianomusik mit einer solch schönen Melancholie und dumpfer Düsternis gehört wie bei Antinoë.

Am Anfang habe mich gefragt, ob das Grundkonzept dieses Album aufgehen kann oder nicht. Kurz gefasst, leider nein. Für sich allein ist das Album gut, aber bis auf die Titel haben die Lieder wenig gemein. Ich hätte mich sehr über Cover gefreut, wo ich selber das Lied wiedererkenne und mich über Eigeninterpretationen freuen kann. Ein wenig schade, aber deshalb lasse ich Antinoë nicht fallen und bin auf ihre nächsten Werke sehr gespannt.

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