Review: Antrisch – Expedition II : Die Passage

Erscheinungsdatum: 07.04.2023
Label: Self produced
Genre: German Atmospheric Black Metal
Spieldauer: 38:01

Tracklist:

  1. I Festgefroren
  2. II Wahnrationen
  3. III In Perpetuum
  4. IIII Ultima Ratio
  5. IIIII Exodus
  6. IIIIII 68° 15′ N 98°45′ W – 68° 54′ N 98° 56° W

Antrisch ist eine 2020 gegründete Metal Band aus dem Großraum Würzburg, die in ihrer Musik atmosphärischen Black Metal, trägen und schweren Doom Metal, Anleihen des Djent und Ambient in sich vereint. Der Name Antrisch stammt aus dem Austro-bayrischen und bedeutet sowas wie unheimlich oder seltsam.

Thematisch befassen sich die Herren rund um „Maurice Wilson“ mit der Gefühlswelt der Abenteuer und den unterschiedlichen, teils lebensgefährlichen Umständen, die eben jene auf zahlreichen Expeditionen in allen Teilen unserer Welt unternommen haben.

Ebenfalls können sie allesamt bereits einiges an Erfahrung im Bereich des „Musik machens“ vorweisen, denn wohl unter anderem Namen haben Maurice Wilson am Gesang, Robert Falcon Scott an den Gitarren und Отто Шмидт am Bass bereits lange Zeit zusammen unter anderem unter dem Banner der Band Kromlek gewütet und der Mann am Schlagwerk, der sich Игорь Дятлов nennt, verprügelte bereits für Path of Devastation seine Felle.

Bereits die großartige, im Jahre 2021 erschienene EP Expedition I : Dissonanzgrat, sorgte sowohl bei mir, als auch in geneigten Kreisen für sehr viel Aufmerksamkeit und machte sehr positiv von sich reden. Ob die Abenteurer ihre zweite Reise ebenfalls so erfolgreich meistern können, möchte ich mir heute persönlich anhören und meine bescheidene Meinung mit euch teilen.

Der erste Song steigt bereits sehr verheißungsvoll mit vor Kälte knarzenden Planken ein; eine bedrohliche, dunkle Atmosphäre wabert im Hintergrund und Wellen schlagen an die Seiten unseres ächzenden Kahns. Klar artikulierte, einleitende Worte vermischen sich mit der düsteren Stimmung und führen uns langsam aber bestimmt voran, bis uns ein Sturm aus eiskalten Riffs, einem tobenden Schlagzeug und keifenden Vocals von den Füßen reißt. Immer wieder unterbrechen, der Atmosphäre sehr zuträgliche, ruhige Passagen den tobenden Klangteppich und erzeugen in Kombination aus Text, dessen Darbietung und einer sehr kalten und aggressiven, aber melodischen Instrumentalabteilung mit I Festgefroren einen würdigen und stabilen Einstieg in das Werk.

II Wahnrationen steigt gleich von Beginn an drückend mit treibenden Drums ein, die bedingungslos gemeinsam mit Gesang und rasiermesserscharfem Riffing nach vorne marschieren. Plötzlich weicht die tobende Soundwand einem sehr groovigen Part, der sich nach einiger Zeit immer mehr auffächert und sein kaltes, melodisches und mitreisendes Herz zum Vorschein bringt. Behutsam umschließen atmosphärische Klänge, eine akustische Gitarre und die Stimme das Herz aufs Neue und schließen es sicher ein, in eine dicke Schicht aus schwerem, bedrohlichem Klangfleisch.

Langsam und mächtig türmt sich nun III In Perpetuum vor uns auf. Ein tonnenschweres Monster stapft auf uns zu und vereinnahmt uns völlig und „für alle Zeiten“ durch seinen gekonnten Mix aus spannender Lyrik (was aber selbstredend auf alle Songs zutrifft), drückender und grooviger Instrumentalisierung und atmosphärischer Dichte. Dies gibt dem Song sein absolutes Alleinstellungsmerkmal und er ist auch in dieser schweren und bedrückenden Art der Einzige auf dem Album.

Aber auch mit IIII Ultima Ratio lassen uns Antrisch nicht verhungern, denn auch hier bieten sie uns reichlich. Sachte führen sie das klangliche Thema des Vorgängers fort und steigen erst mit einem schweren und groovigem Klangteppich ein, der aber dann jäh von einem plötzlichen und nicht vorhersehbaren Tobsuchtsanfall zerrissen wird. Deutlich aggressiver stellt sich die Band jetzt auf und treibt das Stück bis zum nächsten Zwischenspiel, das uns aber nur kurz vor der rollenden Soundwand schützt, die uns unaufhaltsam mit in die Tiefe zieht.

Ein Hoffnungsfunke flackert wie ein Irrlicht auf dem Eis,

bald schwach, bald fahl und stirbt, weil niemand ihn zu nähren weiß“

So wird der fünfte Song mit dem Namen IIIII Exodus eingeleitet, welcher sich erst verhalten durch gesprochenes Wort aufbaut, bis er uns musikalisch dort abholt, wo uns der vorangegangene Song in der Tiefe zurückgelassen hat. Eine Wanderung in einer von Schneestürmen heimgesuchten, zerklüfteten musikalischen Eiswüste, so wie auch eine Wanderung in unser aller Selbst.

Abschließend präsentieren uns die Unterfranken mit IIIIII 68° 15′ N 98°45′ W – 68° 54′ N 98° 56° W ein fettes und mitreisendes Instrumental, dessen Titel die Koordinaten des Terror Bay / King William Island im kanadischen Territorium Nunavut darstellen. Bei meiner Recherche konnte ich herausfinden, dass die Terror Bay nach der HMS Terror, einem der beiden Schiffe der tragisch verlaufenen Franklin-Expedition von 1845 bis 1848, benannt wurde. Also wieder ein Verweis auf die Tiefe der lyrischen Thematik, mit der sich das Quintett beschäftigt.

Abschließend kann ich nun sagen, dass das Album (für mich) auf JEDEN FALL an die Qualität der vorausgegangenen EP anknüpfen, wenn nicht gar übertreffen kann. Zum Thema stimmige, dichte Atmosphäre, die während der ganzen Veröffentlichung zu spüren ist, gepaart mit lyrischer Tiefe, mit wortgewandter und stimmgewaltiger Darbietung und einer blitzsauberen, modernen Produktion, machen das Album für mich zum Gesamtkunstwerk, das für mich sowohl als Stückgut, besser aber als Gesamtwerk funktioniert.

 

 

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