Erscheinungsdatum: 27. Juli 2018
Label : Lifeforce Records
Genre: Post-Black Metal
Spieldauer: 44:08
Tracklist :
- Your Ultimate Urban Nightmare
- Like the Scythe in the Ripened Field
- Alienation
- Another Bullshit Night in Suck City
- One of the Ghostfolk
- The Act of Laughing in a World Once Beautiful Now Dying
- Blacktop Prison
- Wavebreaker
- The End of the World
Bonjour Tristesse – ein Projekt des Nathanael, den wir als Musiker von Thränenkind, und aktuell als Bassisten von Heretoir kennen. Die Erwartung und Spannung ist also hoch, blicken wir heute auf das zuletzt veröffentlichte Album Your Ultimate Urban Nightmare. Ohne eine Sekunde gehört zu haben, fällt es schon durch das Cover positiv auf. Kein aufwändiges Logo, kein extraordinäres Bild, das wir nicht schon irgendwo mal gesehen haben könnten, nein, es ist die Umsetzung einer Idee, die zum Thema des urbanen Albtraums nicht besser sein könnte. Es erinnert zunächst einmal sehr an das von Fursy Teyssier kreierte Albumcover zu Amesoeurs von 2009, welches sich mit einer ähnlichen Thematik beschäftigt und auf seine eigene Art und Weise, im Schatten der grauen Bauten, großartig ist. Bei Bonjour Tristesse hingegen blicken wir aus einer anderen Perspektive auf dieselbige Szenerie. Wir sehen eine Großstadt mit all ihren Lichtern, in der die Menschen wie Motten das Formen, was urbanes Leben, urbane Gesellschaft genannt wird. Dieser moderne Sehnsuchtsort, der jene in sich einfängt, die die
schier unendlichen Möglichkeiten in mehr und größer suchen, wird hier in seiner aufregenden Lichterpracht in einen grauen, kritischen Schleier gehüllt. Ein Cover, das hinsichtlich der Thematik, die im Titel schon aufgezeigt wird, extrem gut gelungen ist, ein Cover für jene, die dahinter mehr als ein, im Sinne der Musik, „schönes“ Bild sehen wollen.
Das Album startet mit dem des Titels gleichnamigen Song. Der Anfang zeigt sich sehr energiegeladen mit einer musikalischen Umsetzung von Gefühlen des Frustes und der Unruhe. So geht erst einmal weiter, durchaus wenig monoton, eher abwechslungsreich durch Tempiwechsel und gut gewählte Melodien in den Gitarren. Besonders hervorzuheben sind die interessant gestalteten Drums, während sich der Gesang als nichts Besonderes in dem Sinne darstellt, was jedoch nicht negativ zu begreifen ist, da er zum Stil und Gesamtkonzept des Albums gut passt. Die cleanen Gitarrenparts werden durch eine schöne Soundwand unterstützt, die Melodien verstärken die Atmosphäre auf eine klare Art und Weise. Your Ultimate Urban Nightmare ist ein gelungener Start in ein Album, der, wenngleich er mit der
Endmelodie etwas abrupt und schnell abricht, das an diesem Punkt vielversprechend zu werden scheint.
Das zweite Lied Like the Scythe in the Ripened Field treibt weiter voran, wie es schon zuvor erlebt wurde und führt den relativ harten Kurs weiter, bevor es in einen, die urbane Depression gut verbildlichenden cleanen Part geht, der den Hörer stärker in die angedachte Atmosphäre zieht, nur um in der Folge wieder energisch auszubrechen.
Ein sauberer Übergang führt zu Alienation. Hier werden gesprochene Worte sehr gut umgesetzt, die Vocals an sich entwickeln sich zu einem Wehklagen, welches den Songtext entsprechend verdeutlicht („We had trust – and been betrayed, we had love – turned into hate“). Gefühlstechnisch fährt der Song runter, sodass die eine klare Struktur im Verlaufe des Albums zu erkennen ist, wenn das Instrumentalstück Another Bullshit Night in Suck City aufkommt. Ein melancholisches, sehr gut komponiertes Pianospiel zeigt auf: der Bandname ist Programm. Durch den Titel wird auch ohne Text und Gesang die Kritik des Künstlers deutlich.
In One of the Ghostfolk wird nach dem als Outro anmutenden Instrumental der klare Gesang stärker mit den Screams vereint. Die musikalische Idee wird weitergeführt, ohne Langeweile zu provozieren, was im melancholischen Post-Black Metal auf Albumlänge definitiv ein positiv anzumerkender Punkt ist.
Es folgt The Act of Laughing in a World Once Beautiful Now Dying – allein der Titel als solcher regt schon zum Nachdenken an. Es wird deutlich, dass dem Interpreten etwas auf dem Herzen liegt, dass er etwas zu sagen hat, das sich nicht allein durch Musik ausdrücken lässt. Durch gesprochene Passagen und Gesang ließe sich der Vorwurf anbringen, der relativ harte und dennoch atmosphärische Song sei durch viel Text leicht überladen worden, sodass er an für sich als der schwächste des Albums gelten könne, was jedoch im Sinne des Gesamtkunstwerks völlig unzureichend wäre. Es kann definitiv behauptet werden, es wird beim Lesen der Lyrics zu diesem Lied deutlich, dass es sich bei Your Ultimate Urban Nightmare nicht nur um ein Projekt aus rein musikalischen Beweggründen handelt. Die Texte sind durchdacht, sie üben eine klare Kritik an den Menschen, der „Gesellschaft“ und eben unserem Handeln, welche man sich zu Herzen nehmen sollte.
Ein weiteres Instrumental, Blacktop Prison, passt insofern sehr gut ins Gesamtbild, als das es dem Hörer die Möglichkeit gibt, den zuvor fordernden Song zu verarbeiten. Musikalisch kommt es nicht ganz an das erste heran, was wohl auch nicht die Motivation dazu war.
Mit Wavebreaker wird das Ende des Albums eingeläutet, energiegeladen wie zu Anfang, doch mit entsprechender drückender Stimmung treibt es wieder stärker voran, Gefühle wie Frust und Unruhe werden erneut aufkommen gelassen.
The End of the World, das Ende des Albums, bildet den Höhepunkt des atmosphärischen Konzepts und der Kritik an Menschen und ihrer Zeit. Sind die Lyrics im Kopf, hat der Song Potential zur Gänsehaut. Es entsteht lyrisch ein Bruch mit dem Bandnamen, auch musikalisch wird eine Depression ohne Traurigkeit kreiert, eine depressive Gefühlslage als Unverständnis und beinahe Hoffnungslosigkeit. Eine Auflösung gibt es im letzten gesprochenen Part, in dem ein utopischer Ausblick gewagt wird. So endet das Album, doch Nachdenklichkeit und ein gewisses Unbehagen bleiben.
Insgesamt ist Your Ultimate Urban Nightmare ein relativ hartes und vor allem atmosphärisches Album mit einer Struktur, die einer klaren Linie folgt. Ohne ein musikalisch besonderes oder extrem innovatives Release im Bereich des Post-Black Metal zu sein, eventuell auch ohne diesen Anspruch überhaupt zu haben oder es sein zu müssen, kann es seinen Hörer durchaus in seinen Bann ziehen. Es werden durch das Zusammenspiel von Musik, Cover und Texten Bilder aufgezeichnet, die dem Titel und der offensichtlichen Idee mehr als gerecht werden, dennoch ist es ein Album, und dies ist ausdrücklich als positiver Aspekt aufzufassen, das man nicht ständig hören kann und sollte. Eine gewisse Stimmung, ein gewisses Interesse und Verständnis für die Thematik ist Grundvoraussetzung, um das Gesamtkunstwerk würdigen zu können. Ich für meinen Teil hoffe definitiv, dass es unter dem Namen Bonjour Tristesse ein weiteres Release geben wird.
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