Review: U.D.O. – Touchdown

Release: 25.08.2023

Genre: Heavy Metal

Spieldauer: 53:56

Label: Atomic Fire Records

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Tracklist:

1. Isolation Man
2. The Flood
3. The Double Dealer’s Club
4. Fight for the Right
5. Forever Free
6. Punchline
7. Sad Man’s Show
8. The Betrayer
9. Heroes of Freedom
10. Better Start to Run
11. The Battle Understood
12. Living Hell
13. Touchdown

Wollen doch mal sehen, ob wir eine Rezension ohne Nennung einer gewissen Ex-Band hinbekommen.

Udo Dirkschneiders Arbeitspensum ist schlicht und einfach ehrfurchtgebietend. Mit mittlerweile 71 Jahren jonglierte der Mann zuletzt nicht nur Alben und Tourneen von U.D.O. und Dirkschneider, gerne auch mal mit kaputtem Knie, sondern auch noch eine Kollaboration mit dem Musikkorps der Bundeswehr, sein erstes Solo-Album My Way sowie Dirkschneider & The Old Gang, ein Projekt mit einigen aktuellen und früheren Weggefährten. Klar stellt sich bei einem derartigen Output auch mal das ein oder andere Déjà-vu ein. Schließlich setzt das Solinger Urgestein seit Gründung seines nach ihm benannten Band-Schlachtschiffs Ende der 80er eher auf Evolution denn auf Revolution, vorangetrieben von gelegentlichen umfassenderen Soundmodernisierungen à la Mastercutor oder Steelhammer. Die größte Neuerung auf Platte Nummer 19, treffend Touchdown betitelt, dürfte der Zugang von Peter Baltes am Bass sein und man könnte sich einbilden, dass der Tieftöner bisweilen etwas mehr Druck ausübt. Die Drums von Udos Sohn Sven sind präsenter im Mix, der auch insgesamt etwas luftiger und frischer tönt, aber ansonsten muss der geneigte Fan keine großen Umstürze befürchten. Der Sound des Albums findet insgesamt einen hervorragenden Mittelweg zwischen dem eher natürlichen, trockenen Klang, der 2013 Einzug gehalten hat, und dem markant-synthetischen Klang älterer Alben.

Isolation Man gerät zum energischen Start, ohne gleich höchste Geschwindigkeitssphären zu erklimmen. The Double Dealer’s Club und Heroes of Freedom wecken in ihren melodischen Riffs verstärkt Erinnerungen an das seinerzeit viel Pop-Luft schnuppernde Faceless World von 1991. Insgesamt dominiert wie üblich treibendes Mid-Tempo-Material, aufgelockert durch vertracktere Songs wie The Betrayer oder Living Hell, wobei vor allem ersterer überraschend moderne Klänge auffährt. Die wirklich schnellen Bretter packen U.D.O. traditionell eher sparsam aus, in der Regel dann aber umso effektiver. Timebomb und Thunderball nicken wissend mit den Bass-Drums. Auf Touchdown erfüllen diesen Zweck die dritte Single Fight for the Right, inklusive gelungenem Mozart-Zitat gegen Ende, und der das Album extrem rasant abschließende, hervorragende Titeltrack. Die Highlights-Aufzählung am Ende dieser Rezension ist wirklich nur eine Momentaufnahme, denn ich habe bei jedem Durchhören neue Favoriten entdeckt.

Textlich zeigt sich die Band hier durchaus bewegt von den Entwicklungen der letzten Jahre und ungewöhnlich tagesaktuell. So beschäftigt sich The Flood mit der Ahrtal-Flut vor zwei Jahren, von der Sven Dirkschneider persönlich betroffen war, und sowohl Fight for the Right als auch Forever Free sind direkte Reaktionen auf den Krieg in der Ukraine, der den in Russland geborenen und in der Ukriane lebenden Gitarristen Andrey Smirnov samt Familie zur Flucht aus dem nordukrainischen Kriegsgebiet zwang.

Mit gut 50 Minuten Laufzeit und 13 Songs gehört Touchdown eher noch zu den kürzeren U.D.O.-Alben. Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie viel starkes Material Udo und seine Komplizen in schöner Regelmäßigkeit auf ihre Platten packen, aber natürlich schleicht sich bei dieser Menge auch mal der ein oder andere unscheinbarere Track ein. Ich könnte beim besten Willen nicht allen 16 Stücken vom 2021er-Vorgänger Game Over gedanklich Musik zuordnen. Touchdown minimiert dieses Problem. Natürlich sind 13 Songs immer noch nicht wenige, aber das Material ist durchweg stark und abwechslungsreich und für mich in dieser Hinsicht auf bestem Weg zu meinem ewigen Favoriten No Limits von 1998 aufzuschließen.

Manchmal treffen arg verkürzte Rezensionsklischees halt doch zu; wer U.D.O. mag, wird mit Touchdown sehr, sehr glücklich sein. Das Album klingt im Vergleich zum direkten Vorgänger, der bei weitem auch kein Rohrkrepierer war, frischer und fokussierter. Besonders hervorheben möchte ich noch die Gitarrenfraktion um Andrey Smirnov und Fabian „Dee“ Dammers, die mit viel Enthusiasmus und Spielfreude zu Werke gehen. Bleibt zu hoffen, dass dieses Line-Up noch ein paar Jährchen stabil bleiben kann.

Peter Baltes war früher übrigens auch bei Accept. Verdammt.

Touchdown ist am 25.08.2023 bei Atomic Fire Records erschienen und als Standard-CD im Jewel Case, limitiertes Digipak inklusive Bonus-DVD, als Doppel-LP in verschiedenen Designs sowie als Download und Stream erhältlich. Auf der DVD des Digipak findet sich der Dirkschneider-Auftritt vom letztjährigen Wacken und bietet eine gute Stunde Accept-Klassiker der Zeit von Breaker bis Metal Heart. Offiziell als Bootleg angepriesen, sind Bild und Ton dabei auf einem sehr guten Niveau, wie man es zum Beispiel von den Festivalmitschnitten bei arte gewöhnt ist.

Highlights: Fight for the Right, Punchline, Heroes of Freedom, Living Hell, Touchdown

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