Wacken Open Air 2023 – Donnerstag

Nachdem der erste Tag des Wacken Open Airs buchstäblich im Matsch versunken ist und es die meiste Zeit geregnet hatte, war es heute sehr wechselhaft. Die Sonne zeigte sich von ihrer besten Seite, wurde aber immer wieder von Regenfronten unterbrochen. Über dem gesamten Gelände lag ein leichter Fäulnisgeruch, Fliegen flogen bei fast jedem Schritt auf. Das klingt hier deutlich schlimmer als es war. Mit dem Regenponcho griffbereit und den Gummistiefeln an den Füßen konnte nichts schiefgehen. Die meisten nahmen es mit Humor, denn Wacken ist nur einmal im Jahr und Matsch gehört ja auch irgendwie dazu. So kursierten Memes über das Naturschutzgebiet Wackenmeer (West) durchs Internet, es gab Wackwanderungen und wenn man tief genug grub, fand man Wackwürmer. Leute reisten angeblich mit Luftkissenbooten an und in manchen Bereichen sollte man sich vor Haien in Acht nehmen, die unter dem Matsch lauern würden, den Mud Sharks.

Im Außenbereich vor dem Hauptgelände, wo auch viele Stände und unter anderem auch die Welcome to the Jungle Stage und die Wasteland Stage und das zugehörige Wasteland beheimatet waren, konnte man sich heute etwas besser bewegen. In den Schlammflächen gab es jetzt Schneisen, in denen man im Gänsemarsch gehen konnte und es wurde sich an Kreuzungen sogar an „rechts vor links“ gehalten. Hier draußen konnte man Poetry Slams, Buchvorstellungen, oder Comedy Einlagen auf der Welcome to the Jungle Stage lauschen, Kunstausstellungen besuchen, Merchandise kaufen oder sich im Barbershop, einem Tattoo- und Piercingstudio und der Kuttenmanufaktur ein komplettes Make-Over verpassen lassen. Temporäre Körperkunst gab es auch in Form von Body und Face Paints. In der Hornschleiferei wurde dein Motiv auf ein Trinkhorn graviert. Bei der Fernsehlotterie konnte man am Glücksrad E-Bikes gewinnen und gleichzeitig gute Zwecke unterstützen, die Wacken Foundation war natürlich auch am Start.

Aber es ist immer noch ein Metal Festival, also lasst uns über Metal sprechen. Nach meinem Exkurs in den Außenbereich kam ich gerade rechtzeitig für Ad Infinitum auf der Wackinger Stage zurück. Das Wetter wirkte Wunder auf die Stimmung der Metalheads, es war heute insgesamt mehr los am noch am Tag zuvor. Nicht nur Melissa Bonnys Stimme verzauberte die Menge, auch der Rest der Band trug seinen Teil dazu bei.

Meine nächste Station war ein kompletter Kontrast zu Ad Infinitum und eigentlich auch ein kompletter Kontrast zum Wacken Open Air, denn Electric Callboy kamen mit einem DJ Set zum Krombacher Stammtisch ins Infield neben die Faster:Harder Doppelbühne. Leider verzögerte sich die Eröffnung des Infields ein wenig, weil immer noch Matsch abgetragen und Holzspäne verteilt werden mussten, um das Gelände einigermaßen begehbar zu machen. Electric Callboy sind inzwischen für ihren Trancecore bekannt, bei dem sie Techno und andere EDM-Richtungen mit Metal fusionieren. Heute wurde aber der Metal Part deutlich reduziert und der Schwerpunkt auf EDM-Rhythmen gelegt. So gab es Electric-Callboy-Songs in neuem Gewand und typische Party Songs, aber es wurden auch Klassiker wie Duality von Slipknot, Last Resort von Papa Roach oder Numb von Linkin Park verunstaltet. Electric Callboy sollten nächstes Jahr besser auf der Defqon.1 auftreten, beim Parookaville waren sie ja schon im letzten Jahr. Die Stimmung war trotzdem unglaublich gut, es gab Mosh- und Circlepits, Wall of Deaths und allgemeines Abgehen der Menschen vor Ort – es kam also durchaus gut an, mit den eigenen Songs hat der Remix auch gut funktioniert und Spaß gemacht, aber mit vielen anderen leider nicht so wirklich, aber zum Glück sind Geschmäcker ja verschieden.

Dann lieber zurück zu anderen Spielarten, die eher zu einem Metal Festival passen, wie zum Beispiel Melodic Death Metal aus Göteborg. Dark Tranquility sind dann doch etwas angenehmer zu hören als Party Mucke. Die Stimmung war zwar nicht so ausgelassen, trotzdem gab es kollektiven Kopfnicken vor der Louder Stage und erstaunlich viele Crowdsurfer. Insgesamt ein schnörkelloser, aber sehr guter Auftritt. Manchmal muss man eben nicht durch eine aufwendige Show überzeugen.

Im Anschluss, ebenfalls auf der Louder Stage, kam das Projekt Imminence zum Zuge. Ich muss ehrlich sagen, ich war skeptisch als ich „Metalcore mit Geige“ hörte, aber das funktioniert unglaublich gut. Auch dieser Act überzeugte durch simples Können ohne große Show. Die Bühne wirkte fast schon leer, bot den Gitarristen dadurch aber genug Platz, ihre Mähnen durch die Luft zu wirbeln und sich über die Bühne zu jagen. Auch hier fielen die Crowdsurfer auf, vielleicht liegt das einfach an der Stage.

In der Zwischenzeit sammelten sich vor der Faster Stage zehntausende Menschen, die Hammerfall erwarteten. Dem Namen alle Ehre machte vor Allem Oscar Dronjak, letztes verbleibendes Gründungsmitglied, mit seiner Gitarre in Hammer-Form. Es fing wieder an zu regnen, was die Menge aber ziemlich unbeeindruckt ließ. Der durch das Wetter Zurückgebliebenen, die es nicht auf den Holy Ground geschafft haben, wurde auch gedacht, es wurden Grüße rausgeschickt und die Hoffnung, dass diese nächstes Jahr wieder kommen und eine größere Ladung Heavy Metal abbekommen würden. Dabei fehlte hier eigentlich nichts, was einen klassischen Heavy Metal Auftritt ausmachte – Pyrotechnik, die Interaktionen der Musiker untereinander, Crowdsurfer und Moshpits, die aber durch den Matsch deutlich kleiner ausfielen. Die Herren haben sich definitiv gut gehalten und mit Sicherheit auch noch viele Jahre vor sich, die Qualität hat sich bisher jedenfalls nicht verändert. Sie sind halt einfach der Hammer (verzeiht das Wortspiel).

Unterdessen ging es auf der Wackinger Stage mit der färöischen Musikerin Eivør weiter. Eigentlich passte sie auch nicht so recht auf dieses Festival, aber sie passt thematisch zum Motto „Wikinger“, in dessen Zeichen das W:O:A in diesem Jahr steht. Ihre Musik deckt sehr viele Genres ab, heute gab es hauptsächlich Folk. Diese Frau begeistert mit ihrer sehr beeindruckenden Stimme und mit ihrer eigenen Art von Humor. Ihre Trommel, mit der sie Trøllabundin performte, war durch die Feuchtigkeit verzogen, also wurde sie der Tourmanagerin anvertraut, die die Trommel kurzerhand trockenfönte. Das Publikum lauschte wie gebannt, klatschte mit oder versuchte wenigstens Eivørs Urlaute zu imitieren, denn an der richtigen Aussprache des Färöischen scheiterte es. Anscheinend war es aber überzeugend, denn den Titel für die beste Crowd ever gab es am Ende trotzdem.

In der Zwischenzeit waren Hammerfall auf der Faster Stage fertig und es ging quasi direkt auf der Harder Stage mit einem Drittel des deutschen Thrash-Metal-Dreigestirns, nämlich Kreator, weiter. Am Ende der kurzen Pause wurde Run to the Hills vom Band abgespielt, was aus tausenden Kehlen mitgesungen wurde. Die Stimmung war so gut, dass nicht unterbrochen, sondern mit dem Kreator Intro gewartet wurde. Jemand auf der Bühne hinter dem Vorhang klimperte sogar ein paar Noten des Songs auf der Gitarre mit. Als der Vorhang fiel, stand die Bühne buchstäblich in Flammen und war mit aufgespießten und erhängten Leichen und einem riesigen Kopf dekoriert. Sofia Portanet hatte einen Gastauftritt bei ihrem gemeinsamen Song Midnight Sun. Natürlich gab es nicht nur bei diesem Song zahlreiche Pits, wie auch den von der Band initiierten „größten Moshpit des Festivals“. Leider stand man an den meisten Stellen etwa 10 cm tief im Schlamm, was auch viele dazu veranlasste, sich kleine Gruben zu graben, bis sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten und sich nicht viel zu bewegen. Trotzdem schaffte die Menge es, die Erwartungen der Band zu übertreffen.

Kreator:

Den Abschluss auf der Faster Stage und der Headliner des Festivaltages machten Helloween. Der riesige Kürbis ragte bedrohlich über der Bühne auf, als die Hamburger Jungs die Bühne betraten. Hier zierte auch kein einfacher Backdrop die Rückwand der Bühne, sondern eine LED-Wand, die die Musik graphisch untermalte. Der Headlinerplatz für diesen Tag war wohlverdient, die Stimmung war unfassbar gut, obwohl es ohne die Sonne mit dem feuchten Boden sehr schnell kühl wurde – man konnte teilweise seinen Atem sehen. Aber wenn man sich bewegt, wird es ja bekanntlich warm und die Jungs heizten ordentlich ein. In der Crowd war diesmal neben den üblichen Ereignissen ein großer Aufblaskürbis zu sehen. Zur Mitte der Show kam Gründer Kai Hansen mit Stetson mit Totenkopf auf der Stirn auf die Bühne (An wen das wohl erinnern soll..?) und sang ein paar Songs selbst. Die Band kommentierte auch den Anreisestopp: „Das ist eine Schande. Wirklich traurig“. Und weil das alles so traurig war, gab es eine Ballade. Zu Forever and One erleuchteten tausende Handytaschenlampen und auch wie schon am Tag zuvor bei Doro gab es hier eine Drohnenshow zum Abschluss, die heute aber den Kürbis und anschließend den Helloween Schriftzug bildete. Das war ein wirklich würdiger Abschluss für diesen Festivaltag.

Neben den bereits genannten Bands lief heute natürlich parallel zum restlichen Programm auch das Metal Battle mit den Bands Blacksheep, Phantom Excaliver, Tiansen, Forastero Western Metal, Mesmera, Ghetto Ghouls, Diesanera, Middle Grounds, Andrelamusia, Redeemed by the Blood, Deprivation, Horrid Sight, Xaon, Sever und NVLO. Auf der Wasteland Stage beehrten uns Brunhilde, Drain, Marco Mendoza, Riot City, Screamer, Raging Speedhorn und Cypecore. Die Wackinger Stage wurde von Mutz and the Blackeyed Banditz, The Real McKenzies, Unzucht, Cellar Darling und Faun bespielt. Auf der Headbangers Stage liefen neben dem Metal Battle auch Auftritte von Whoredom Rife, Immolation und Carpathian Forest, auf der W:E:T Stage gab es neben der anderen Hälfte den Metal Battles Koldbrann, Baest, Defelshed und Abbath. Die Louder Stage zeigte Terror, Cemican, Pennywise und Amorphis. Auf der Harder Stage eröffneten Skyline gefolgt von Uriah Heep und auf der Faster Stage konnte man Vixen lauschen. Alles dazu findet ihr in unserem Sammelbeitrag.

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