Samstag: Um Ostern zelebriert ganz Deutschland die Kreuzigung und Wiederauferstehung. Ganz Deutschland? Nicht ganz, im Backstage in München wurde am 30. und 31.03.2024 eine schwarze Messe gefeiert. An den zwei Tagen spielten auf dem Dark Easter Metal Meeting 32 internationale, nationale und lokale Bands auf den drei Bühnen und wir waren für euch vor Ort.
Vorab, ich habe dieses Jahr nicht zu jeder Band einen Bericht geschrieben und dafür gibt es zwei einfache Gründe: Zum Einen verlaufen die Auftritte in der Halle und im Club parallel. Ich hätte ab der Hälfte einer Show den Ort wechseln, ein Platz mit Blick auf die Bühne finden und dann genug Eindrücke sammeln müssen, um einen Bericht zu verfassen, welcher dem Auftritt gerecht wird. Durch einen Wechsel kann ich dies nicht gewährleisten. Der zweite Grund ist die schiere Anzahl an Besucher. Wir vom Dark-Art-Team freuen uns für jedes Festival und Konzert, welches ausverkauft ist. Es gibt wohl kein schöneres Lob für einen Veranstalter und seine Crew. Im Fall des Dark Easter Metal Meeting bedeutet dies Hallen voller Besucher und wenig Chancen auf einen Platz mit guter Sicht und Akustik. Bitte habt Verständnis für den Umstand, aber dafür können wir zu jeder Band tolle Fotos präsentieren. Dann wünsche ich euch viel Vergnügen mit dem Festivalbericht!
Grand Cadaver: Die Ehre für den Auftakt des diesjährigen Dark Eastern Metal Meeting gebührte Grand Cadaver. Die Musiker hinter dem Projekt sind keine Newcomer, sondern sind oder waren aktive Mitglieder von Bands wie Katatonia, Tiamat oder Dark Tranquility. Für die Besucher war der Auftritt auch eine Premiere, denn die Band spielte an diesem Samstag zum ersten mal außerhalb von Skandinavien. Der Auftritt begann mit disharmonischen Krach aus den Lautsprechern und die Musiker griffen die dadurch entstandene Unruhe mit kraftvollen Riffs und dröhnenden Drums auf. Es gab keine aufwendige Bühnenshow, sondern reine Leidenschaft und Virtuosität. Beim zweiten Lied ging die Leidenschaft mit dem Drummer durch und so flog sein Stick aus der Hand auf die Bühne. Ein Rowdy mit schnellen Reflexen griff ein und verhinderte Schwierigkeiten am Drumset. Zusammengefasst war dies ein gelungener Auftakt für das zweitägige Festival.
Grand Cadaver im Werk:
Theotoxin: Theotoxin durften in diesem Jahr als erste Band in der Halle spielen und der Auftritt war dramatisch und höllisch zugleich. Als Opening wählte die Band nichts geringeres als O Fortuna von Carl Orffs Carmina burana, ein wahres Stück Klassik und ein bekanntes Stück, welches in verschiedenen Filmen bereits verwendet wurde. Mit der steigenden Dramatik des Liedes erschienen die Musiker, stellten sich mit dem Rücken zum Publikum, um gleichzeitig ein musikalisches Höllenspektakel zu entfesseln. Wie der Name verriet, war der gesamte Auftritt toxisch in mehreren Aspekten. Das Corpsepaint und die Mundtücher verwandelten die Musiker in Wiedergänger, die in grünes Licht getaucht wurden und einen drückenden und brechenden Black Metal spielten. Die Band ist eine Empfehlung für Liebhaber von geradlinigen, schnörkellosen Black Metal. Wir haben ihr letztes Album in einem Review näher beleuchtet, wenn ihr also mehr über die Musik von Theotoxin wissen wollt, empfehle ich euch in Blick in den Artikel.
Theotoxin in der Halle:
Jesajah im Club:
Hellbutcher: Nach dem Opener durften im Werk weitere Newcomer spielen und auch diesmal versteckten sich hinter der Band Hellbutcher erfahrene Musiker, allen voran der gleichnamige Künstler und Sänger Hellbutcher, welche unter anderem bei der Band Nifelheim am Mikrofon stand. Dementsprechend waren die Erwartungen groß und wir durften live darüber urteilen, ob dieses musikalische Projekt auch zünden kann. Zusammengefasst: Es war ein Fest für alle Fans von Old School-Black Metal! Aber erstmal zum Anfang. Als sich die Musiker auf der Bühne einfanden, musste ich schlagartig an die Liedzeile „We wear leather, we wear spikes, we rule the night.“ von Manowar denken. Die einzelnen Bandmitglieder trugen allesamt mit Nieten besetztes Leder, aber Hellbutcher trieb es in seiner Lederrüstung, welche über und über mit den unterschiedlichsten Nieten versehen war, am weitesten. Die Besucher störten sich wohl kaum daran, denn nach wenigen Liedern skandierten sie laut „Hellbutcher“ durch das Werk. Das vierte Lied war auch noch eine Überraschung, denn Hordes of the Horned God ist ein Titel von ihrem kommenden Album.
Hellbutcher im Werk:
Nocte Obducta: Den vielleicht entspanntesten Auftakt an diesem Samstag hatten wohl Nocte Obducta. Mit Bier in den Händen und einem breiten Grinsen im Gesicht betraten die Musiker die Bühne, nahmen entspannt ihre Instrumente und machten sich bereit für das Konzert. Diese ruhige, fast humoristische Stimmung wurde mit dem ersten gespielten Ton zerrissen. Musikalisch stellte die Band eine dichte, pechschwarze Wand aus Black Metal in den Raum, welche mich regelrecht zu erdrücken drohte. Beim Gesang wechselten sich die Musiker Marcel, Torsten und Stefan ab, was eine gewisse Abwechslung in dem pechschwarzen Sumpf ihrer Musik darstellte. Die Momente, wenn der Gesang in einen tiefen, kräftigen Klargesang wechselt, waren musikalisch für mich sehr stark.
Nicht ganz unerwähnt darf das Detail bleiben, dass Sänger Torsten an dem Tag bereits als Bassist von Theotoxin aufgetreten war. Auch war er letztes mit der Band Agrypnie auf dem Dark Easter Metal Meeting 2023 vertreten. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal an diesem Samstag war ihr Hang zu Humor und Smalltalk. Während einer kurzen technischen Störung am Drum versuchte Torsten die Situation mit Humor zu retten. Dieser kurzlebige Humor fand sind in weiteren Ansagen zwischen den Liedern wieder, wodurch der Auftritt eine angenehme Leichtigkeit und Wärme erhielt, welche im Kontrast zu der Musik stand. Ein weiterer gelungener Auftritt auf diesem Festival.
Nocte Obducta in der Halle:
Angstskrig im Club:
Bewitched: Mit Bewitched betraten zum zweiten Mal an diesem Tag Schweden die Bühne des Werks und diesmal wurde es kantig! Mit einer Mischung aus Black- und Thrash Metal wurde ein musikalischer Taifun von Bewitched losgelassen. Stampfende Geräusche und eine wütende Stimme schallten aus den Lautsprecher und ließ die Menge voller Erwartungen unruhig werden. Mit schwarzer Farbe um die Augen, Lederwesten und Nietengürtel betraten die Musiker die Bühne und ließen einen unerwarteten Sturm los. Unerwartet, weil die Thrash Metal-Einflüsse zusätzlich mit Rock’n’Roll-Einschlägen durchsetzt sind. So ist der Gesang auch ein hoher, krätziger Gesang, statt den sonst so üblichen Screams.
Diese spannende Mixtur wurde von den Zuhörern mit Jubel und einem Moshpit belohnt. Der Pit wuchs schnell auf zwei Dutzend Personen an, als mich ein Mitglied der Crew sanft zur Seite stieß, in den Graben stürmte, auf den Wellenbrecher stieg und mit einem beherzten Sprung in der Crowd verschwand, nur um Sekunden später im Pit wieder aufzutauchen. Selten erlebte ich so viel Leidenschaft für diese Form von Gruppensport und die Ehre gebührte dabei allein Bewitched.
Bewitched im Werk:
Nordjevel: Der Vorhang ging auf und ich war vom ersten Moment an von der Darstellung der Band gefesselt. Ein großes Bild im Stil eines Kupferstiches, welches ich sofort mit einem Werk von Gustave Doré assoziierte, thronte über dem Drummer. Sämtliche Musiker waren mit einem wilden Corpsepaint bemalt und der Frontmann trug dazu eine Lederjacke mit langen Killernieten. Diese dämonischen Gestalten wurden in blutrotes Licht getaucht und die Enge im Werk und die aufgestaute Hitze verstärkten weiterhin den Eindruck, in den Vorraum der Hölle gestolpert zu sein. Die Musik von Nordjevel kann als ein grausamer, brachialer Black Metal mit Anleihen zum Death Metal beschrieben werden. Besonders die Stimme ihres Sängers Doedsadmiral fand ich beeindruckend, da ich selten einen Sänger mit so einem dämonischen Scream gehört hatte.
Nordjevel in der Halle:
Asphagor im Club:
Taake: Vor dem eigentlichen Beginn des diesjährigen Dark Easter Metal Meeting forderte das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München (LBGA), gemeinsam mit dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft München und dem Verein Respect & Remember Europe, dass der Auftritt von Taake abgesagt werden sollte. Grund dafür war ein Vorfall von 2007 in einem Club in Essen. Der Auftritt fand, zur Freude vieler Besucher, trotzdem statt!
Ein krächzendes Streichinstrument mit tiefem, dunklen Sound begleitet die Aufstellung der einzelnen Musiker. In ihrer Mitte der Sänger Ørjan Stedjeberg alias Hoest in einem langen, dunkelbraunen Umhang. Zuerst trennte er das Mikro vom Ständer und nutzte diesen dann als Requisite für seine ausdrucksstarke Bühnenperformance. So wanderte er wie ein leichenblasser und unheilverkündenden Wanderer über die Bühne, lehnt sich an den genannten Mikrofonständer, als wäre er ein Wanderstecken oder stößt ihn wie ein Speer Richtung Publikum.
Der Gitarrist Aindiachaí und der Bassist V´gandr standen mit stoischer Ruhe auf der Bühne und spielten ihre kalten, pechschwarzen Riffs. Im Lauf des Auftrittes wurde Taake kontinuierlich mit Nebel eingehüllt, um die mystische Stimmung zu steigern. Ab der Hälfte der Show war es aber mit dieser aufgebauten Stimmung vorbei, als sich für das Lied Myr ein Banjo in das Set eingeschlichen hat und es ein ausgiebiges Solo vom Frontmann gab. Mit dieser Folk-Bombe hatte ich nicht gerechnet und dementsprechend war ich positiv über diesen Kontrast überrascht. Zusammengefasst ein guter Auftritt an diesem Tag.
Taake im Werk:
Dymna Lotva: Durch die parallel verlaufenden Auftritte mussten wir uns in der Berichterstattung immer für eine der beiden Bands entscheiden, um einen ausführlichen Erlebnisbericht verfassen zu können. In diesem Fall hatte ich mich bereits für die Band Mork entschieden, als mein Fotograf mir mit Dymna Lotva einen echten Geheimtipp verraten hat. Die Band sei ihm bereits letztes Jahr auf dem Prophecy Fest aufgefallen. Seinen Eindruck könnt ihr hier lesen. Ich ging der Empfehlung nach und wurde positiv überrascht. Zuerst erschienen die Bandmitglieder an den Instrumenten in roten, zerrissenen Kostümen und dann folgte die Sängerin in einem weißen Kleid und mit einem Blumenkranz auf dem Kopf. Ein weißer Flügel war an dem Mikrofonständer befestigt. Eine Drehleier spielte zum Auftakt im Hintergrund.
Die Musik bewegt sich zwischen Black- und Doom Metal und hat Anleihen von Post Metal. Ein schwerer, langgezogener Sound mit einer melancholischen Melodie füllte den Club aus. Der Gesang von Katsiaryna Mankevich aka Nokt bewegt sich zwischen anklagenden Screams, aggressive Growls und ritualistischem Klargesang. Während des gesamten Auftrittes tanzte sie geschmeidig über die Bühne, gleitet auf die Knie oder bewegte sich in abgehakten Bewegungen, um ihr Leid und ihre Trauer beim Singen visuell darzustellen.
Es war eine beeindruckende Bühnenperformance von Nokt und zum Schluss wurde auch ein politisches Statement von der Band gesetzt. So hielt die Sängerin eine Flagge mit dem Pahonja und dem Wappen der Ukraine hoch, um sich und die gesamte Band pro Ukraine und contra zu der Putin-Regierung zu positionieren. Dies erinnerte mich an die emotionale Rede von Skyforger auf dem Dark Easter Metal Meeting 2023. Das Thema Russland-Ukraine-Konflikt begleitete uns auch dieses Jahr.
Mork in der Halle:
Dymna Lotva im Club:
Tiamat: Die ersten Headliner des diesjährigen Dark Easter Metal Meeting waren Tiamat und ihr Auftritt begann schnörkellos und bar jeder Hektik. Keine aufwendigen Openings oder exotischen Bühnenoutfits und dies war der erste Kontrast zu den bisherigen Auftritten am Samstag. Der zweite Kontrast war die Musik. Statt bretthartem Black Metal servierte uns Tiamat rockige Riffs, filigrane Melodiebögen und spannende, vielschichtige Klangwelten. Trotzdem gab es Abschnitte, wo die Musiker das Tempo kurz anzogen und die Besucher schüttelten in diesen Momenten leidenschaftlich ihre Fäuste gen Bühne.
Der Gesang war ruhig, mit tragenden Stellen, im Wechsel mit richtig rockigem Gesang. Besonders die Solis der einzelnen Musiker wurden lauthals gefeiert, genau wie die Duette zwischen den Bandmitgliedern. Jedes Lied war Gänsehaut pur und das Finale in der Show war ein Überraschungsgast und ein alter Bekannter der Band, der Musiker Stefan Lagergren, seines Zeichens Gitarrist bei Grand Cadaver und früheres Mitglied bei Tiamat. Da dieser Auftritt auf dem Festival ein „35th Anniversary Best-of“ Set war, wurde für den Zuhörer eine temporäre Reunion gefeiert und ein besonderer Leckerbissen gereicht. Dieser Auftritt war der emotionale Höhepunkt dieses Abends, aber es spielten noch in jeder Location eine weitere Band.
Tiamat im Werk:
Psychonaut 4: Noch bevor Tiamat die letzte Note gespielt hatte, versammelten sich die Besucher zu Scharen in der Halle, um auf den Auftritt von Psychonaut 4 zu warten. Es war gerammelt voll, bevor der Vorhang zur Seite gezogen wurde. Klaviersonaten und Wellengeräusche kündigten den sehnsüchtig erwarteten Auftritt der georgischen Band an. Die Spannung kann man verstehen, wenn man bedenkt, dass dies ihr erster Auftritt auf dem Festival war. Als die Vorhänge endlich gelüftet wurden, stand der Sänger Graf in dramatischer Geste auf der Bühne. Es sollte ein Vorgeschmack auf seine gestenreiche und körperbetonende Performance sein. So konnte der Mann nicht stillstehen, lief wiederholt zum Bühnenrand oder hockte vor den Drums, als würde er demütig den Sound dieser empfangen.
Die restlichen Instrumente spielten einen rasanten und brachialen Post-Black Metal, welcher mit erstaunlich verspielten Melodien durchsetzt war. Die Zuschauer verwandelten sich unter der Musik in ein Meer aus geschüttelten Köpfen, gekrönt mit Wellen aus langen Haaren. Ein Fan hielt zwei Drumsticks der Band Asphagor als Petruskreuz über die Menge. Ein anderer Besucher hielt die Flagge Georgiens empor, die Flagge der Heimat der Band. Der Sänger quittierte diese Geste zuerst mit einer Kusshand und beim darauffolgenden Lied We will never find the cure nahm er das Stück Stoff entgegen, reckte es selber hoch und gab es freudestrahlend zurück. Der Auftritt von Psychonaut 4 war ein hochemotionaler Trip, welche die Besucher auch Minuten nach dem Auftritt nicht loslassen wollte.
Psychonaut 4 in der Halle:
Deathrite im Club:
Kampfar: Die After-Headliner des Samstags waren niemand geringeres als die Norweger von Kampfar. Es begann mit bedrohlichen Flötensounds, die sich in ihrer Dramatik immer weiter hochschraubten. Die Musiker präsentieren sich dabei auf Kisten, die vorab für den Auftritt aufgebaut wurden. Dann wurde das Opening mit einem Sturm aus Blastbeats hinweggefegt und somit begann der Auftritt. Die anderen Instrumente stiegen kreischend und der Sänger mit tiefen Growls mit ein. Als Reaktion explodierte die Crowd regelrecht: Fäuste wurden der Bühne entgegengestreckt und ein kleiner, brutaler Moshpit bildete sich in der Mitte des Werkes, welches in einer bis dato ungeahnte Weise eskalierte.
Der Bassist Jon Bakker und der Gitarrist Ole Hartvigsen sprangen abwechselnd auf die genannten Kisten, aus denen Nebel in einer Säule hervorschoss, oder standen sich gegenüber, wie in einem musikalischen Kräftemessen. Am Ende des zweiten Lieds beschenkte der Sänger Dolck mit einer dramatischen Geste die erste Reihe und auch die Fotografen mit Kreidestaub. Kampfar hatte für die Besucher eine weiter kleine Überraschung parat, denn sie spielten das Lied Lyktemenn seit mehreren Jahren zum ersten Mal. Diese Ankündigung wurde mit Jubel beantwortet. Das war ein starker Auftritt für den Slot des After-Headliners.
Kampfar im Werk:
Mit dem Auftritt von Kampfar endete auch schon der Samstag auf dem Dark Easter Metal Meeting. Der Tag war durchsetzt mit verschiedenen Spielarten des Extreme Metals und es gab eine Menge beeindruckende Auftritte, teils mit besonderen Bühnenoutfits und Choreografien, die wir für euch mit Bild und Text eingefangen haben. Ein Bericht zum Sonntag folgt demnächst.
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