Festivalbericht: Walpurgisnacht Festival Vol.III, Samstag 27.04.2024

Die Walpurgisnacht ist der Abend an dem sich die Hexen am Brocken treffen, um ihrem Herren und Meister dem Teufel zu huldigen. In Berlin wird diese Nacht auch zelebriert, aber auf eine andere Weise. So organisierten die Veranstalter des De Mortem Et Diabolum Festival im ORWO Haus die Walpurgisnacht. An zwei Tagen traten verschiedene Künstler aus dem Bereich Black Metal und ähnlichen Stilen auf der Bühne auf und wir waren vor Ort, um euch mit Bild und Text davon zu berichten.

Der Opener des Samstags war das Duo-Projekt Gasbrand. Die Band durften wir, wie The Vision Bleak,  bereits auf dem diesjährigen Ragnarök Festival bewundern. Schon damals war ich von ihrer musikalischen Leitung im Duo und ihrem Raw Black Metal mit einigen atmosphärischen Einschlägen und kleinen Melodiebögen beeindruckt. Besonders die kurzen Breaks, in welchen das Tempo stark gedrosselt wurde, ließen mich wiederholt und freudig aufhorchen. Mit weißem Make-Up und Kunstblut spielten sie ihre Lieder herunter, ohne sie durch Ansagen, Choreographien, Witze oder dergleichen zu unterbrechen. Der Fokus blieb allein bei der Musik. Dieser Umstand änderte sich erst beim letzten Lied. Zum Abschluss gab es nämlich eine kurze, knappe Ansage, welche mich zum zweiten Mal beeindruckte. Mit einem einzelnen Satz bedachte der Frontmann den Musiker Valfar, den Gründer und Frontmann von Windir. Der Mann verstarb bei einer Wanderung im Winter, bei welcher er sich verirrte und der Unterkühlung erlag. Ihm zu Ehren spielten Gasbrand das Lied Journey to the End von Windir. Dieser Abschluss hatte einen rührenden Touch und rundete den Auftritt von Gasbrand gut ab. 

Die nächste Band bildete einen Kontrast zu Gasbrand. Die Berliner Band Haeresis begann ihren Auftritt mit einer großen, dichten Nebelmauer, welche die Bandmitglieder vor den Blicken der Besucher verbarg. Nur ein leises Flüstern, welches sich zu einer klaren Frauenstimme steigerte, war zu hören und dabei schälten sich die Musiker aus dem Nebel.  Trotzdem waren die einzelnen Personen kaum zu sehen, sondern nur zu hören. Identitäten, Rollen und selbst die Geschlechter verschwammen im Rauch und den wahnhaften Bewegungen der Mitglieder von Haeresis. Dies erinnerte mich entfernt an den Auftritt von Ultha vom letzten De Mortem Et Diabolum Festival, nur war bei deren Auftritt weit weniger Bewegung im Spiel gewesen. Die Musik war ein wilder Mix von Black Metal mit Einschlägen aus Post Rock und Sludge. Die Musik hatte zwar eine großartige Dichte, war aber  nicht so aggressiv und schwermütig wie die Musik der bisherigen und kommenden Bands. Die Frontfrau glitt über die dichten Nebelschwaden und verlieh der Musik eine kräftige Kante, die dieser gut tat. Durch ihren hektischen Tanz verschwamm sie zu einer wilden Silhouette im Reigen der Band. Als der Auftritt dann endete, war es die Sängerin, die als Erstes wieder sichtbar wurde und freudestrahlend auf der Bühne stand. Haeresis wurde zu einem Highlight für dieses Festival und ich empfehle sie gern weiter. 

Eine verspielte Violine ertönte aus den Lautsprechern und die Mitglieder von Mother Augusta stellten sich in der Zwischenzeit auf der Bühne auf. Kaum endete das Intro, da erbebte die Halle unter einem Sturm von brachialem Post Black Metal. Es wurde in der ersten Hälfte Lied um Lied gespielt, bis der Sänger seine Band mit „Thank you Berlin. We are Mother Augusta from Italy“ vorstellte. Die Musiker drehten beim Auftritt vollkommen auf und auf dem Festival sah ich selten ein so leidenschaftliches Spiel wie bei dieser Band. Der Bassist ließ in wilden Schwüngen seine Haare kreisen und der Gitarrist Matteo Carretta alias „Theo“ zeigte das gesamte Repertoir von Guten Rock’n’Roll-Attitüden. Besonders das Spiel von Matteo Carretta möchte ich hier betonen, da seine langen und rockigen Riffs den schweren Black Metal auflockerten und mich immer wieder zum Staunen brachten. Es war sein Spiel, welches mich im Nachhinein so sehr beeindruckte.  Zum Abschluss gab es viele freundliche Worte an die Besucher und tosenden Applaus für Mother Augusta

Low Lights, Clochard Avenue, Fragile, Hikikomori, The Burning Sun of Despair, Pills, In Myself, Mom

Wie bereits am vorigen Tag, bei Kawir,  spürte ich beim Auftritt von Perchta das erste Mal eine volle Halle an diesem Samstag. Für den Auftritt wurden viele Requisiten, wie Geweihschaufeln für das Hackbrett, Banner mit Knochen und ein ganz besonderer Mikrofonständer, welcher dem Mikro von The Vision Bleak arg Konkurrenz machen konnte, auf die Bühne geschaffte. Der Mikrofonständer war wie ein Besen gestaltet und zog den Blick der Besucher in die Mitte der Bühne, wo sich bald ein besonderes Schauspiel abspielen sollte. Schauspiel beschrieb den Auftritt sehr gut, denn im Mittelpunkt der Darstellung stand die Sängerin, welche durch ihr aufwendiges Bühnenkostüm die Aufmerksamkeit einer vollen Halle auf sich zog. Sie hatte ein schwarzes Gewand mit schwarzem Kopftuch an. Dazu hatte sie eine schwarze Gesichtsbemalung und selbst ihre Zähne, welche beim Gesang deutlich hervor traten und ihr Auftreten verstärkten, waren schwarz gefärbt. Die anderen Musiker fügten sich mit Lederhosen und Trachtenhemden gut in das Gefüge ein und komplettierten die Selbstdarstellung der Band. Musikalisch spielte Perchta einen melodischen und atmosphärischen Black Metal, der vor Vielseitigkeit nur so strotzte. So nutzte die Band zum Beispiel ein Hackbrett, ein Instrument welches mir im Black Metal bisher noch nicht begegnet ist und sich fließend in die Musik einfügt. Die Sängerin unterstützte das musikalische Repertoire mit Maultrommel, Handtrommel und einem mit Glöckchen und Schellen besetzten Stock, den sie in einigen Liedern im gleichen Rhythmus auf den Boden stieß. Über diesem weit ausschweifenden Klangkonstrukt schwebte die Stimme der Sängerin, deren Gesang zwischen dem Gekreische einer alten, bösartigen Vettel und einem sanften Klargesang wechselt. Perchta begegneten wir im Team bereits auf dem Ragnarök Festival und doch war der Auftritt in der kleineren Halle viel intensiver und beeindruckender gewesen. Ein weiterer guter Auftritt an diesen Tag. 

Ois wås man san, Åtem, Gluat, Vom Verlånga ,Erdn, Hebamm

Nach der aufwühlenden Darbietung von Perchta wurde es mit dem folgenden Auftritt etwas geerdeter in der Darstellung, aber musikalisch umso ausdrucksstärker. Die Musiker von Thy Light betraten die Bühne mit Corpse Paint und schwarzen Kapuzen. Halsketten mit allerlei obskuren- und teilweise satanischen Symbolen hingen um ihre Hälse. Auf der Bühne standen, passend zu dem Logo der Band, mehrere Kerzenständer und verströmten eine ruhige Atmosphäre. In diese Stimmung hinein spielten die Musiker einen sehr dichten atmosphärischen und depressiven Black Metal, der mit komplexen Melodien punkten konnte und für fast eine Stunde die Halle in einen schwarzen Kokon einwickelte. Die gedämpften, langgestreckten Riffs wollten kaum enden und die Übergänge zwischen den einzelnen Tracks waren so fließend, dass die akustische Reise dadurch kaum abriss. Doch auch der Auftritt von Thy Light musste enden und ließ viele Menschen mit Verzückung auf den Gesichtern zurück. 

Infinite stars, Crawling worm, The Bride, New Song, Mourning

Wer schon am Vortrag The Vision Bleak gesehen hatte, sah nun bei Sun of the Sleepless einige bekannte Gesichter. Allen voran natürlich Sänger Markus Stock, aber auch Gitarrist Sebastian Körkemeier und Schlagzeuger Sebastian Schneider standen schon am Vortag zusammen auf der Bühne. Komplettiert wurde die Band durch Bassist Martin Falkenstein, seines Zeichens Sänger und Gründer von Mosaic. Somit hatten die beiden Bands mehr Überschneidung auf der Bühne als Dornenreich bei ihren Auftritten. Der Auftakt allein war einzigartig auf dem Festival. Eine Frau schmetterte eine Oper aus den Lautsprechern, als die Musiker die Bühne betraten. Diese stellten sich Rücken an Rücken zueinander und begleiteten die Oper mit leisem Spiel auf ihren Instrumenten, nur um mit dem Ende des Intros direkt mit Black Metal durchzustarten. Sun Of The Sleepless spielen einen melodischen Black Metal mit erstaunlich sanften Passagen im pechschwarzen Gewitter der Instrumente. Für Black Metal eher untypisch wurde der Gesang weniger als Screams vorgetragen, sondern eher als ein tiefer, verständlicher Gesang mit einigen hohen, tragenden Passagen. Der Gesang und die Abwechslung in den Melodien machten den Auftritt von Sun Of The Sleepless zu einem besonderen Moment auf dem Festival. Die fliegenden Haare vor der Bühne waren  hierfür ein aussagekräftiger Beweis. 

Intro, The Lure of nyght, Where in my childhood lived a Witch, Romanze zur Nacht, The Owl, In the Realm of the Bark, Phoenix Rise, Nebelmond

Der Headliner des Abends waren Dornenreich, welche am zweiten Festivaltag nun ihr Metal Set spielten, natürlich in voller Bandbesetzung. Mit auf der Bühne waren Schlagzeuger Moritz und am Bass der Musiker Eklatanz, welcher in der Band Heretoir am Mikrofon steht und mit seinem klagenden Gesang auf vorigen Festivals, wie dem Dark Easter Metal Meeting oder dem Dark Troll Festival, bereits die Besucher in seinen Bann riss. Sänger Eviga betrat als Erstes die Bühne und verbeugte sich formvoll vor den Besuchern und unter Applaus erschienen auch die anderen Musiker von Dornenreich. An dem vorigen Abend bekamen wir einen Vorgeschmack auf das Spiel der Band und wieder war der Sänger ein ungebremstes Energiebündel, welches diesmal aber nicht auf einen Hocker begrenzt war und mit seinem gepressten Gesang sang er Lyrics, die mehr Gedichte als Liedtexte waren. Die Setlist des Abends unterschied sich weit genug vom Akustigset, um dies als eigenständigen Auftritt zu betrachten und die Besucher vom vorigen Tag glücklich zu machen. Trotzdem schlichen sich einige Bekannte Songs in den Auftritt. So wurden in beiden Auftritten die Lieder Jagd, Der Freiheit Verlangen nach goldenen Ketten und Erst deine Träne löscht den Brand gespielt und der Kontrast zwischen beiden Spielweisen war beeindruckend und allein dafür lohnte sich der Besuch beider Auftritte. Dornenreich hatte auch an diesen Abend eine Zugabe, und zwar das Lied Trauerbrandung. Damit endete der Auftritt unter stürmischem Klatschen und Jubelrufen. 

Eigenwach, Schwarz schaut tiefste Lichterglanz, Flammenmensch, Jagd, Wer hat angst vor Einsamkeit?,  Der Freiheit verlangen nach goldenen Ketten, Der Hexe flammend Blick, Erst deine Träne löscht den Brand, Trauerbrandung

Rausschmeißer der diesjährigen Walpurgisnacht waren Lucifer’s Child, welche nach Kawir die zweite Band aus dem fernen Griechenland waren. Die Band war aus vielerlei Sichtweisen eine tolle Wahl als Schlusspunkt des Festivals. Als die Musiker die Bühne betraten, welche durch Bannern mit satanischen Symbolen geschmückt war, war die Stimmung bereits vor Vorfreude geladen. Als die ersten Akkorde durch die Luft schossen, wurde ich von der Wucht fast umgeworfen. Und dann war da noch die vor Kraft strotzende Performance. Wie von selbst löste sich das Zopfgummi und ich war beim folgenden Headbangen nicht allein. Zu keinem Zeitpunkt wurden so viele Haare durch die Luft geschleudert. Lucifer’s Child zündete dabei einen Kracher nach dem nächsten und der wortwörtliche Höllenritt wollte wohl nie enden, bis es auf einmal kurz still wurde auf der Bühne. Ihr Frontmann Marios Dupont bedankte sich mit einer unglaublich aufrichtigen Art bei den Besuchern und den Veranstaltern. Da ging mein Herz kurz auf, bis der letzte Track gespielt wurde und meine Emotionen ein Scheiterhaufen aus Wut und Aggression wurden. Lucifer’s Child war eine gute Wahl als Rausschmeißer.

Black Heart, Haraya, Nova Tenebris, Fall Of The Rebel Angel, Abyss, He, Who Punished And Slays, El Dragon, Hors De Combat, The Order, Enter The Eternal Fire, Viva Morte

Somit endete die diesjährige dritte Walpurgisnacht und wir konnten euch hoffentlich einen Eindruck von sämtlichen Auftritten verschaffen. Solltet ihr das diesjährige Festival verpasst haben oder noch gar nichts von dem Festival gewusst haben, dann möchte ich euch dieses und das Hauptprojekt des Veranstalters, da De Mortem Et Diabolum ans Herz legen. Das Line-Up für beide Events findet ihr hier:

Tickets gibt es hier.

Mehr zum De Mortem et Diabolum und der Walpurgisnacht findet ihr hier:

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*