Review: Nekrodeus – Asbest

Nekrodeus - Asbest - Beitragsbild

Release: 01.04.2022

Genre: Black/Sludge/Death/Doom Metal

Spieldauer: ca. 40 Minuten

Label: Grazil Records

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Tracklist:

  1. Werther (Intro)
  2. Asbest
  3. I Fought the Low and the Low Won
  4. Lied aus Blei
  5. Lethe
  6. Lifeloather
  7. Eat Dirt Taste Life
  8. Schwarzer Regen
  9. Urne (Outro)

Nekrodeus - Asbest - Cover

Dass Death-Metal-lastige Musik mit deutschsprachigen Texten praktiziert wird, ist sicherlich nach wie vor noch eine Besonderheit. Wenn jedoch dann, wie bei Nekrodeus, noch einige weitere Metalstile mit einfließen, wirkt das erst einmal verwirrend und chaotisch. Chaotisch soll die Musik sicherlich auch ein wenig sein, doch nach kurzem „Einhören“ merkt man schnell, wohin die Reise geht. Basslastige und extrem drückende Musik, mit gleich düsterer Atmosphäre und jeder Menge Brutalität, die teils auch etwas an Grindcore erinnert und ordentlich die Gehörgänge ausputzt. Doch betrachten wir den neuen Silberling, mit dem in die Atmosphäre passenden, Titel Asbest etwas genauer.
Los geht’s mit einem Intro namens Werther, welches den Zuhörer schon einmal darauf vorbereitet, dass es düster, dreckig und qualvoll wird. Düstere Synthie-Atmosphäre, wie man sie von Bands der extremen Subgenres kennt und einer Erzählstimme, die von sehr qualvollen und verzerrten Screams unterlegt wird, lassen einem das erste Mal die Haare aufstellen.

Die Stimmung wird etwas gebrochen und der Titeltrack Asbest startet sehr groovig und eingängig mit geshouteten Texten, die von Seelenqual und Schmerz berichten. Hier fällt direkt die Sludge Note auf, welche den Groove dominiert. Dies ändert sich jedoch nach ca. einem Drittel des Songs und so folgen schnellere Death und Black Metal typische Drumparts mit ordentlichem Gitarrengeschredder darüber. Bis wieder langsamere Passagen mit perfekt platzierten und ins Fleisch schneidenden Lyrics darüber kommen, die nicht besser hätten hervorgehoben werden können, ohne den Fluss des Songs zu stören. Und diese Wechsel zwischen Sludge Passagen, Black Metal Doublebass und doomigem Groove fließen gemeinsam den Bach hinunter und stellen sicherlich die Kurven und Kanten des Flusses dar, ohne dabei den roten Faden zu verlieren. Aber genau dies ist es, das ich mit dem „gewolllten“ Chaos in der Einleitung gemeint habe.

I Fought The Low And The Low Won, was für ein Liedtitel? Kein Wunder, dass der Song wieder neue Türen öffnet. Death lastige Beats, die stellenweise auch durch den dazugehörigen Gesang leicht Corelastig wirken. Der Grundbeat wird hier jedoch von schönen Melodiegitarren mitgetragen und rückt somit diesen Eindruck eher in den Hintergrund. Was auch gut so ist in meinen Augen, da der Song eine echte „Dampfwalze“ durchs Gehirn jagt, die gnadenlos über alles hinweg rollt und sich zur Mitte des Songs in einem Schlagzeug Gewitter entlädt. Doch, bevor man auf die Idee kommt, kurz Luft holen zu können, groovt die Dampfwalze ohne Erbarmen weiter und dröhnt bis zum Ende durch.

Es folgt das Lied aus Blei. Solch ein Titel weckt dann doch schon Erwartungen. Diese werden jedoch eher anders umgesetzt, als ich es mir vom Titel her vorgestellt hätte. Dies bricht dem Song aber keinen Zacke aus der Krone. Vermutet hätte ich die volle Death Metal Portion, doch stattdessen, wird mit einer sehr old schooligen langsameren Black Metal Passage begonnen und es hallen Schreie kreisend durch die Häuser in der grauen Nacht. Und hier wird auch genau diese aus dem Black Metal bekannte dunkle und drückende Sphäre genau getroffen und schafft so ordentlich Gänsehaut und „stille“ Gewalt (falls zu verstehen ist, was ich damit meine :-P), was das Lied aus Blei auf jeden Fall zu einem bleischweren Monster macht und der Refrain hämmert mit „Tod, Steine, Scherben“ genau da wo es drücken muss.

Lethe, der Fluss der Vergesslichkeit in der Unterwelt, von dem die Toten trinken müssen, um ihr vergangenes Leben zu vergessen, fließt über das davor gegossene Blei, um es ein wenig abzukühlen. Langsam rinnt der Strom und weckt mit eher gesprochenen Texten einen ganz neuen Eindruck beim Zuhörer. Doch der stille Fluss trügt, denn er hat immer wieder Stromschnellen, die für Abwechslung sorgen. Unterstützt wird diese Achterbahnfahrt noch von den Guestvocals von Dr. Winter (Teratogen/Violenţă Domestică) und setzt dem Fluss der Toten eine ganz eigene Note auf.

Beim nächsten Song weiß ich nicht, ob der Titel als Anspielung auf eine leider vergangene schwedische Black Metal Kapelle sein soll oder ob der Inhalt einfach passend und nicht zynisch, wie bei ähnlich namiger Band aus Skandinavien sein soll. Am Ende wahrscheinlich beides. Lifeloather startet tief im Inneren der gequälten Seele und kotzt einem die Verachtung für sich selbst und das Leben entgegen. Dies steigert sich kontinuierlich in die Höhe und nimmt an Aggression zu. Im letzten Drittel wird zwar noch einmal kurz das Tempo zurückgeschraubt, aber nur um akzentuierter mit vollem Anlauf noch einmal den Endstoß zu verpassen.

Nach so viel negativen Gedanken muss man ja auch einmal wieder nach dem Leben greifen und so folgt Eat Dirt And Taste Life. Dieser Song wurde auch schon vorab als Single mit Video veröffentlicht und stellt den zweiten Song mit außerbandlicher Unterstützung dar. Rebeca Monteiro Neves (Caloris Impact) unterstützt mit krassen weiblichen Screams und trifft genau ins Schwarze. So werden keine Gefangen gemacht und bis auf einem langsameren Part voll durchgeballert. Mit knapp unter 3 Minuten ist es auch der kürzeste Song (abgesehen von Intro und Outro) auf der Scheibe und fasst kurz und knackig den Stil der Band zusammen, während der Flair dieses Kunstwerks die wohl punkigste Note des Albums vermittelt.

Es bleibt jedoch immer noch düster und Schwarzer Regen zieht am Himmel auf und der Sänger beginnt zu frieren, während sich der Kohlestaub aus der Luft auf seine Haut legt. Und dies geht durch die Doom Metal lastige Atmosphäre auch direkt auf den Zuhörer über und man fühlt sich leicht schmutzig und eingeengt. Und so treibt die Schwermut voran, getrieben durch Gesang und Doublebass, tropft der Schwarze Regen vom Himmel und jeder Tropfen trifft wie ein Hammerschlag. Man wacht durchnässt zwischen Rauschen, schwarzer Verwesung und schwarzem Regen auf, um noch ohne die Augen richtig offen zu haben, vom Drumgewitter davon getragen zu werden, während man das Lied durch und durch fühlt, aber noch gar nicht so richtig wach ist.

In diesem leicht verstörten Zustand hat man überhaupt nicht realisiert, wie die Zeit verging und dass schon fast 40 Minuten vergangen sind, bis der Synthie des Outros ertönt und der Zuhörer in seine Urne gelegt wird. Wieder mit gesprochenen und Dialekt lastigem Text darüber. Und so legen Nekrodeus „Rosen auf die Aschen drauf“… „Kumm mach die Augn zua, dann hast dei Rua“!

Mit Asbest verbinden Nekrodeus gekonnt sehr sludge-lastigen Death Metal gepaart mit modernem Black Metal und einem Hauch Doom Metal an manchen Stellen. Eine echt wilde Mischung, die so zwar schon vorkam, aber immer noch recht neu und aufregend wirkt. Freunde der düsteren Extremmetal Musik, sollte es auf jeden Fall freuen. Denn hier wird nicht unkoordiniert einfach durcheinander gespielt, sondern gekonnt und perfekt akzentuiert abgemischt, um einen Rausch aus Nihilismus, Wut, Frustration, Weltenschmerz, Misanthropie und dem Blick in einen tiefen Abgrund zu erzeugen. Eine sehr interessante Scheibe, die von Doom Metalern, Death Metalern, modereren Black Metalern und allem was ähnelt durchaus einmal ins Auge oder in die Ohren gefasst werden sollte. Auch der Wechsel zwischen Englischen und Deutschen Texten gibt dem gesamten Projekt noch seine eigene Würze, ohne auch nur an einer Stelle fehl am Platz zu wirken.

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