Konzertbericht: Saltatio Mortis, Hämatom – Kultursommer Gießen, 27.08.2024

Am 27.08.2024 hatte es uns mal wieder zum Kultursommer Gießen verschlagen. An diesem Tag traten gleich drei Bands auf: Mr. Irish Bastard, die als Erstes die Bühne unsicher machten, Hämatom, mit ihrer neuen Gitarristin Rose und Saltatio Mortis, deren Programm vom Theater Feuervogel begleitet wurde. Nachdem wir zügig einen Parkplatz gefunden hatten und mit dem eingerichteten Busshuttle am Kloster Schiffenberg angekommen waren, gingen wir auf das großzügig geschnittene Klostergelände. Dort war das Theater Feuervogel schon in Aktion, leichtfüßig liefen Fantasiegestalten auf hohen Stelzen durch die Menge, die für 17.30 Uhr noch nicht ganz so dicht war.

Mr. Irish Bastard, die 2006 mit vier Mitgliedern gegründet wurden, legten früher als geplant zu siebt los. Das frühere Anfangen brachte ihnen mehr Spielzeit ein, sehr zur Freude der Leute, die sich vor der Bühne schon ihren Platz gesucht hatten, während andere sich noch an den zahlreichen Essensständen gütlich taten oder einfach die schöne Umgebung genossen. Bereits das Intro, das von zahlreichem Klatschen unterstützt wurde, weckte die Leute auf und jeder wusste, das würde ein kurzweiliger Abend mit großartiger Unterhaltung werden. Die ersten schwangen schon das Tanzbein und es wurde kräftig mitgesungen.

Natürlich vertonen Bands auch die ein oder andere Story und so ist auch All My Friend are Idiots (Ten green Bottles) eine Geschichte mitten aus dem Leben. Das wurde von den Zuhörern begeistert aufgenommen, was auch daran lag, dass auf der Bühne ein unglaubliches Gewusel herrschte, so stand keiner wirklich still und Hatey Katey an der Tin Whistle wurde nicht müde über die Bühne zu fegen und die Besucher immer wieder aufs neue animierte zu klatschen. Die Frage vom Sänger Mr. Irish Bastard, wie es den Leuten gehe und ob sie Spaß hätten, wurde aus vielerlei Kehlen lautstark bejaht. Er wollte auch wissen, welches die lautere Seite sei. Als Erstes stellte er fest, dass die linke Seite betrunkener wäre, allerdings war die rechte Bühnenseite eindeutig die lautere. Die Aussage, dass es zwar echt toll ist hier zu spielen, aber das Bier abscheulich sei, brachte allgemeines Gelächter mit sich, was Hatey Katey dazu veranlasste ihren Pfeffi mit Mr. Irish Bastard zu teilen. Und wie ist das so, wenn man vor Publikum so agiert, wollen diese zumindest lautstark dran teil haben, auch wenn sie leer ausgehen. Innerhalb kürzester Zeit hallten laute „Ex“- Rufe durch die Menge, was man in dem Fall wohl einfach tun sollte, um die Zuschauer bei der Stange zu halten. Ob das so gut war, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen, aber meiner Einschätzung nach, konnte sich die erste Reihe am frischen Atem des Sängers erfreuen. Bei Black Eye Friday war er dennoch textsicher. Nun ging es langsam dem Ende entgegen und alle sollten mal die Hände heben, enttäuscht schauen und den Mittelfinger zeigen, fürs Foto von der Bühne. Die Hände konnten alle gleich oben lassen, zum Jubeln für Hämatom und Saltatio Mortis. Aber ein letzter Wunsch blieb noch übrig, I Hope They Sell Beer In Hell. Zum Schluss stellte sich die Band nochmal zusammen vor das Publikum und verbeugte sich, jeder einzelne kam nach vorne, bekam eine Laola–Welle und lauten Applaus.

So ging es weiter mit Hämatom und der Regenbogenvorhang mit den Hämatom–Einhörnern verbarg die Bühne. Kurz bevor es losging kam der Dino, der mit Hämatom schon öfter unterwegs war, in den Graben, um vor dem Auftritt einen Eskalationstest durchzuführen. Die Schädel rotieren lassen zu Enter Sandmann und laut sein bei Seven Nation Army, was mit einem „Oh F*ck, seid Ihr süß“ kommentiert wurde und bei der Gummibärchenbande völlig gaga zu sein. Es kam ein „Okay Freaks, alle Tests bestanden. Lasst uns die Welt in Schutt und Asche legen“ und der nun erklingende Countdown zählte ab und der Vorhang fiel. Mit Ein‘ auf den Tod – zwei auf das Leben feuerten sie los, im wahrsten Sinne des Wortes. Nord animierte alle zu „ohohoh“-Chören und bemängelte die Lautstärke, die natürlich angepasst wurde. Der Song endete mit einem Knall und lautem klatschen vor der Bühne. Spätestens bei Gaga sang die angewachsene Menge lauthals mit. Nord verbeugte sich und stellte fest, wie wahnsinnig der Anblick im Kloster sei, da wollte er schon immer mal hin, und dass es West auch gefallen hätte. Ein Verlust, den niemand verleugnen kann, auch wenn West durch die Musik ewig in den Herzen weiter lebt. Dafür kann man sich an Rose, der neuen Gitarristin erfreuen, als aus Nords Kehle Gott muss ein Arschloch sein erklang. Danach betonte er nochmal, wie wahnsinnig gut er den Anblick der Menschenmenge fand und forderte Applaus für das fünfte Bandmitglied Rose ein, was prompt geschah.

Zu Wir sind keine Band, schwenkte Nord eine funkensprühende Fahne über den Kopf. Bei jedem Song flippten die Zuschauer aus, es wurde jede Textzeile mitgesungen, es wurde getanzt, geklatscht und niemand kam zur Ruhe. Bevor es zum Circle Pit um Rose bei Ficken unsren Kopf kam, lobte er die Rollirampe schräg neben der Bühne, meistens sind solche Aufbauten weiter hinten zu finden. Nach dem Circle Pit konnten sich alle mal kurz ausruhen, als es auf die Knie ging, um dann gemeinsam nach oben zu springen. Obwohl es noch ziemlich hell war, erhoben bei Lichterloh nun alle ihre Smartphonelampen und wiegten sie über den Köpfen, sie waren zwar mehr ein ergreifender Anblick, aber die Show holte sich Nord mit seinen Pyro-Handschuhen. Generell wurde bei Hämatom ordentlich viel Feuer eingesetzt, was zusätzlich einheizte und auch bei Wir sind Gott, mittlerweile ein Must-have auf der Setlist, großzügig eingesetzt wurde.

Hämatom kamen um ein bisschen Werbung nicht ganz herum, weil am Wochenende danach die große 20-Jahre Hämatom-Show stattfand. Bei Kids ertönten noch einige Funkenexplosionen und das Publikum sang komplett mit, was die Stimmbänder gut auf die Döp, döp, döp Chöre vorbereitete, die vor Es regnet Bier erst mal geprobt wurden. Wie auch nicht anders zu erwarten, brauchten die Zuhörer ein bisschen Animation von Nord, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Als dem Genüge getan wurde, ging der Song, unter Feuer und großen, schwarzen Ballons, welche in die Menge flogen, los. Man könnte meinen, der letzte Song war bis unten in Gießen zu hören, so laut sang das Publikum mit und in der bewegten Menge regnete bestimmt der oder andere Schluck Bier. Mit einem Knall war es zu Ende und Nord bedankte sich ein letztes Mal und bezeichnete die Zuschauer als Wahnsinn. Nun gingen die Hände fürs Bild hoch und es wurde viel Spaß bei Saltatio Mortis gewünscht.

Während noch vereinzelt schwarze Ballons durch die Luft flogen, wurde die Bühne dunkel, die ersten Saltatio Mortis-Rufe laut und die Menge vor der Bühne wurde tatsächlich noch mehr.

Nachdem der Auftritt in Gießen in die Burgentour von Saltatio Mortis gefallen war, war die gleiche Songauswahl zu hören. Nachdem wir in Wertheim für euch waren, findet ihr hier den ausführlichen Bericht dazu. Aber nachdem kein Auftritt dem andern gleicht, war hier doch einiges anders. Zum Beispiel, dass Falk von Hasen-Mümmelstein nicht dabei war, aber das liegt daran, dass er stolzer Vater einer Tochter geworden ist und auch an dieser Stelle nochmal herzlichen Glückwunsch. Lest jetzt selbst, was sonst noch so passiert war.

Plötzlich war alles in rotes Licht getaucht und eine große, verhüllte Gestalt betrat auf einen Stab gestützt die Bühne und erzählte von der Finsterwacht, die versucht, die Menschheit vor dem Bösen zu bewahren. Nun kam aber schon Alea dazu und im Spotlight legte er mit dem gleichnamigen Song los, die ersten Feuer loderten auf und das Publikum hatte die Hände in der Luft und klatschte begeistert los. Mitten drin folgte ein herzliches Willkommen von Alea und die Bitte, dass Gießen sich sehen lassen solle. Er lief einmal von rechts nach links über die Bühne, während am Bühnenrand das Feuer brannte und stachelte die Menge noch weiter an.

Beim zweiten Song war das Feuer verschwunden und Nebel waberte auf, das Theater Feuervogel betrat in Form von Wellen die Spielstätte. Alea ließ die Zuschauer springen und ließ sie ein Meer darstellen, das an den Schwarzen Strand spült. Eine weitere herzliche Begrüßung folgte auf dem Fuß und die Frage, ob die Leute noch Power hätten, wurde lauthals aus vielerlei Kehlen bejaht, auch wären sie allzu gern bereit, zusammen mit Saltatio Mortis Odins Raben zu rufen. Was von Alea als gar nicht so schlecht befunden wurde, nur war er der Meinung, da ginge noch mehr, immerhin traten sie dort nicht zum ersten Mal auf und hätten schon mehr erlebt. Natürlich ließ sich das Publikum von solchen Aussagen nicht einschüchtern und es ging noch mehr.

Konzerte sind ja generell ein sehr freudiges Ereignis, aber manchmal klingen auch die traurigen durch, genauso wie es jetzt geschah. Eigentlich wollte in Gießen eine Gruppe zusammen zu diesem Auftritt, aber leider ging das nur noch mit einer Person weniger. So war allen die vor Ort waren und denen, die es nicht mehr sein können, Der Himmel muss warten gewidmet. Der nächste Song verlangte wieder vollen Gesangseinsatz vom Publikum, wobei das nur aus endlosem Nanananana bestand. Es wurde, wie meistens, als zu leise empfunden, so lief Luzi über die Bühne hin und her, forderte mehr Lautstärke, die noch herausgeholt wurde. Wer in diesem Moment zu Alea geschaut hatte, hat gesehen, wie er ein lautloses Wow formte.

Aber was war das, plötzlich knarzte das Mikrofon und mit einem Knall war die Bühne dunkel. Ein technischer Defekt legte alles Schach Matt. Wer schon mal auf einem Konzert der aktuellen Tour war, dem war das ganze nicht unbekannt, denn das war der Start zu einer kleinen Akustikrunde, welche die Spielmänner von Saltatio Mortis eindrucksvoll verpackt haben, während sie es sichtlich genossen, so wie früher in ihren Anfangstagen mit Instrumenten durch die Leute zu laufen und zu musizieren. Beim Soundturm erwartete sie ein kleines Podest, wo einige Songs dargeboten wurden. Zum Ende wurde Alea singend nach vorne getragen, an der Absperrung angekommen, blieb er etwas erhöht stehen. Während die Bühne noch von einem Vorhang verhüllt war, sang er Pray To The Hunter, mit Unterstützung des Theater Feuervogel, das ihn flankierte und um ihn tanzte. Dann fiel der Vorhang und Saltatio Mortis standen nun alle wieder gemeinsam da. Zu My Mother Told Me ließ sich Alea auf einer Box nieder und ruderte mit dem Publikum, wobei dieses hauptsächlich im Stehen ruderte. Falls es jemandem zu kalt wurde, sorgte weiteres Feuer für Wärme und hörte so schnell nicht wieder auf. Nebel waberte über die Spielstätte und Alea war der Meinung, ein kleines Gefühl der Ekstase sei zu spüren, aber noch sei nicht das Ende in Sicht. Womit er vollkommen recht hatte, auch das Feuer setzte noch einen darauf und auch neben der Bühne, schoss Feuer gen Himmel.

Nun sollte das Publikum auch mal für sich selber applaudieren, nachdem das wieder nicht der gewünschten Lautstärke entsprochen hatte, sollten alle Falk hochleben lassen, der ja nun Papa einer gesunden Tochter ist. Bei Heimdall konnten sich die Besucher über eine weitere Showeinlage der Feuervögel freuen, so gab es einen feurigen Fächertanz. Die Arbeit vor der Bühne war noch nicht am Ende angekommen, so musste man für den folgenden Song erst mal den Refrain üben. Es schallte laut über den Schiffenberg Ohohoh Aurelia.

Alea erzählte, dass sie auf Wacken Ingo mit dem Flamingo kennengelernt hatten und ihn bisher auf vier weiteren Shows getroffen hatten. Der Flamingo, der schon den ganzen Abend in der Menge zu sehen war und genau der, sollte der Mittelpunkt des Circle Pits werden, der jetzt gebildet wurde. Alea kämpfte sich bis zu ihm durch, sodass Ingo und Alea das Auge darstellten. Währenddessen standen Elsi und Luzi vorne an der Bühne und spielten Dudelsack, was das Zeug hielt.

Als Alea wieder zurück war, kam erst die Aussage, dass er von dem geilen, durchtrainierten Typen, der ihn abgeknutscht hatte, gern die Nummer hätte, was zur allgemeinen Belustigung beitrug. Was ihn jedoch sichtlich gerührt hatte, waren zwei Rollstuhlfahrer, welche zu zweit einen Circle Pit auf der Rampe gemacht hatten, er fände dies so toll, weil uns alle das Gleiche antrieb. Jetzt wurde Alea etwas ernster, lobte und bedankte sich beim Publikum, weil ihm aufgefallen war, dass so wenig mit dem Smartphone vorm Gesicht gefilmt wurde, sondern fast alle einfach den Moment genossen und es wirklich gesehen und gehört hatten. Aber nun sei es an der Zeit, die Smartphones herauszuholen und die Lichter zu entfachen, um das letzte Lied zu beleuchten. Es war Zeit für Oh treues Herz. Das Theater Feuervogel war nochmal gefragt, so tanzten sie, mit unzähligen Lämpchen an ihren Kostümen auf der Bühne und eine durch den Graben. Danach war es ruhig und still auf der Bühne. Die ersten Gäste machten sich langsam auf den Weg zum Busshuttle, während der Großteil in laute Zugaberufe verfiel, die natürlich erhört wurden.

Die Jungs sprangen wieder auf die Bühne und performten Wo sind die Clowns?. Danach folgte die Frage, ob die Leute noch mehr wollten, trotz des einstimmigen Bejahens, folgte prompt, ob die anderen Anwesenden auch noch mehr wollten und die Rufe wurden nochmals lauter. Ein richtiges Trinklied war bisher nicht dabei, kam aber nun in Form von Genug getrunken und bei dem Wort Glück, sollten alle Whoho machen, leider kamen einige zu früh, was Jean nicht unkommentiert lassen konnte, während er aus seiner magischen Schlagzeug-Kiste ein Bier herbeigezaubert hatte. Aber wie immer findet jeder gute Abend irgendwann ein Ende, auch dieser Auftritt währte nicht ewig.

Alea verabschiedete sich überschwänglich, es sei ihnen eine Ehre gewesen in Gießen spielen zu dürfen und nochmal will er unsere Stimmen hören und Hände sehen. Der Refrain vom Spielmannsschwur erklingt, aber Elsi grätscht rein und zu Seven Nation Army, nur von Dudelsack und Schlagzeug getragen, hört man nochmal Döp, döp, döp über das Gelände schallen, bestimmt bis zu den Besuchern, die schon zum Bus liefen. Jetzt aber war die Zeit für den Spielmannsschwur gekommen. Alle waren auf der Bühne zu sehen, inklusive dem Theater Feuervogel und vor der Bühne waren alle am Mitsingen und ein endloses Ohohoh erklang aus 100 Kehlen. Wie immer ein ergreifender Anblick. Dann folgte noch die Bandvorstellung, ein Dankeschön an Gießen und an die wundervolle Crew, ohne die das nicht klappen würde. Es gab noch den Aufruf, das Pfand zu spenden, weil mit diesem Erlös eine Schule in Tansania gebaut werden soll. Die Spendenaktion ist vom Gießener Kultursommer in Leben gerufen worden. Zum endgültigen Abschluss ertönte wie immer Remmidemmi, inzwischen als Mittelalterversion, von Saltatio Mortis. Dann war es vorbei und jede Menge zufriedener Menschen machten sich auf den Weg zu den wirklich zahlreichen Bussen, um nach Hause zu fahren.

Bericht: Sandra
Bilder: Matthias

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