Wacken Open Air 2024 – Samstag

Am letzten Festivaltag des Wacken Open Air 2024 kamen gemischte Gefühle bei den Metalheads auf. Einerseits waren alle sehr vorfreudig auf einen weiteren Tag voller spektakulärer Highlights, andererseits lag auch bereits der erste Hauch von Aufbruchstimmung in der Luft. Es ist immer wieder verblüffend, wie schnell die Zeit in Wacken doch verfliegt. Um die aufkeimende Trauer darüber, dass das Festival sich dem Ende näherte zu überspielen, trumpfte das Open Air noch einmal mit spektakulären Programmpunkten auf. So bot auch der Samstag erneut ein unvergessliches Festivalerlebnis. 

Der Himmel über der Gemeinde Wacken, schien ebenfalls nicht sehr erfreut darüber zu sein, dass sich das bekannteste Metal Festival Europas wieder auf seinen Abschluss zu bewegte. Das Wetter blieb nämlich, ähnlich wie am Freitag, recht unbeständig. Regencapes und wasserfestes Schuhwerk waren also am letzten Tag doch noch ein essenziell notwendiges Gadget, um dem leicht schlammigen Boden zu trotzen.

Wir haben für euch wieder so einige Highlights des Tages in Text und Bild zusammengefasst. Da jedoch auch das Samstagsprogramm wieder sehr opulent ausgefallen ist, bot sich uns leider nicht die Möglichkeit jeden Auftritt festzuhalten. Zusätzlich zum hier folgenden Tagesbericht haben wir aber auch noch weitere  grandiose Auftritte für euch fotografiert. All diese Bilder findet ihr im separaten Bildbeitrag zum Samstag.

 

Fiddler’s Green

Zur Mittagsstunde luden Fiddler’s Green mit ihrer aufgeweckten Ladung an Folk-Rock und Folk-Punk entweder zum Frühschoppen oder je nach Vorliebe zum Frühsport ein. Dabei heizte der typische Irish-Folk Sound der Band die Stimmung so richtig an. Die gute Laune der Musiker hatte einen absolut ansteckenden Charakter. Tobias Heindl stieg für sein Geigensolo bei I Tell Me Ma sogar in ein knallrotes Schlauchboot, um sich damit über die Menge tragen zu lassen. Das Publikum versprühte gute Laune, klatschte freudig im Takt mit, tanzte, winkte und sang. Zu Yindy begann die Menge dann auch wild zu springen. Insgesamt waren auch schon sehr viele Crowdsurfer aktiv und ließen sich rhythmisch vom Publikum vor zur Bühne tragen. Der Auftritt lud die vorfreudige Energie der Menge positiv auf und bot somit den perfekten und stimmungsvollen Einstieg in den letzten Festivaltag. 

Emil Bulls

Auf der „Louder“-Stage ging es direkt im Anschluss weiter mit Emil Bulls, welche die Bühne erstmal mit ihrem eigenen Vorhang verhüllten. Dieser fiel mit einem lauten Knall und die Band gab direkt ihr volles Repertoire an Energie zum Besten. Um das maximale Maß an Abriss gewährleisten zu können, nahm sich Sänger und Frontmann Christoph von Freydorf vor, nur sehr wenig zwischen den Songs zu reden. So gelang es der Band so viele Alternative-Metal Songs wie möglich in ihre Spielzeit zu pressen. Ganz zur Freude des Publikums, welches gar nicht genug von der energiegeladenen Musik bekommen konnte. Damit die Musiker ihren Bewegungsdrang voll ausleben konnten, befand sich im vorderen Bereich der Bühne eine Art Laufsteg. Auf diesem tobte sich die Band so richtig aus. Dabei wurde auch das Publikum ordentlich angeheizt und die ausgelassene Stimmung machte sich auch durch einige Crowdsurfer bemerkbar. Für den guten Zweck erlaubte sich von Freydorf dann allerdings doch eine kleine Ansage. Der Sänger war nämlich, um Spenden für die Wacken Fondation zu sammeln, extra mit dem Fahrrad zum Wacken Open Air gefahren und nutzte den Auftritt, um via QR-Code zu weiteren Spenden aufzurufen. Als Belohnung spielten Emil Bulls im Anschluss auch den brandneuen Song Warriors of Love. Zu einer ausgelassenen Karussellfahrt im Circle Pit kam es dann noch bei When God was sleeping. Und beim letzten Song des Auftritts, Worlds Apart, gab es für den Sänger kein Halten mehr auf der Bühne. Mit einem Satz verließ er diese, um vom Wellenbrecher aus zu performen. Dabei hing er im wahrsten Sinne des Wortes an einer sehr kurzen Leine, weil die Länge des Mikrofonkabels für diese Aktion nur gerade so ausreichte.  Das war eine sehr unterhaltsame und mitreißende Live-Performance, welche vom Publikum mit besonders ausgelassener Stimmung belohnt wurde. 

Brutus

Brutus lieferten den perfekten Beweis dafür, dass es gar nicht viel braucht, um musikalisch außergewöhnlich zu sein. Das Trio aus Belgien begeisterte auf seinem ersten Wacken-Auftritt durch extrem viel Liebe zur Musik. Bereits der Bühnenaufbau kam ganz anders als gewohnt daher, denn das Schlagzeug war im Vordergrund auf der rechten Seite platziert. Hier nahm schließlich Stefanie Mannaerts ihren Platz ein, um nicht nur mit ihrer Stimme, sondern auch ihrem Können an den Drums zu beeindrucken. Es fällt schwer die abwechslungsreichen Klänge dieser musikalischen Darbietung in ein Genre einzuordnen. Eine Mischung aus Progressive Rock, Post-Hardcore und Math-Rock beschreibt den Stil der Band wohl am ehesten. Insgesamt war die Performance, im Verhältnis zum restlichen Festival, eher ruhiger Natur mit extrem rockigen Einflüssen. Es war faszinierend, wie die starke und unter die Haut gehende Stimme der Sängerin immer mehr Zuschauende vor die Bühne lockte. Die Menge wirkte von der Performance wie gebannt. Das Crowdsurfen passierte auf so andächtige Weise, dass es beinahe wie Schweben wirkte. Zwischen den einzelnen Songs ließ Stefanie Mannaerts immer mal wieder ein leises „Thank you very much“ verlauten und sammelte dadurch direkt noch mehr Sympathie-Punkte beim Publikum. Viel wurde nicht geredet, um die Zeit effektiv für ihre musikalische Darbietung zu nutzen. Dieser Auftritt schaffte es die Zuschauenden auf eine emotionale Art tief zu berühren. Definitiv ein unvergessliches Erlebnis mit atemberaubender Atmosphäre. 

Behemoth

Auf düstere und energiegeladene Art und Weise zelebrierte die polnische Extreme Metal Band, passend zur 33. Ausgabe des Wacken Open Airs, ihr 33. Jubiläum. Bunte Ballons und Party-Girlanden suchte man bei dieser Show allerdings vergeblich. Auf dem Programm stand nämlich ein komplett schwarzes Farbschema. Das dunkle Ritual war untermalt von harten Gitarrenriffs, zu welchen das Publikum gemächlich im Takt wippte. In schwarzen Gewändern gab die Band ihr musikalisches Können zum Besten. Stets begleitet durch die charismatische Performance und den Gesang von Frontmann Nergal, welcher sich im Laufe der Show immer düsterer Kostüme bediente. Pyro-Effekte unterstrichen den bedrohlichen Charakter des Auftritts perfekt. Dennoch ging etwas von der erhofften Wirkung der gesamten Show, aufgrund der frühen Uhrzeit verloren. Eine Dämonenbeschwörung bei Tageslicht? Das passte leider nicht so richtig zusammen. Ein späterer Zeitslot hätte sich besser in das Gesamtkonzept von Behemoth mit eingefügt. Dennoch war der Auftritt unterhaltsam, mitreißend und absolut sehenswert.

Amon Amarth

Es wurde heiß auf dem matschigen Infield, denn die schwedischen Koryphäen des Viking Death Metal hatten ordentlich Feuer mit im Gepäck. Dieses schoss nicht nur an der Bühne empor, sondern auch an den Lichttürmen im Publikum. Auch ein kolossales Bühnenbild, welches sich im Laufe des Auftritts sogar veränderte, war mit am Start. Die große Freude der Band darüber, endlich wieder zurück, auf dem schönsten Heavy Metal Festival, zu sein, wurde erstmal gebührend mit Persuit Of Vikings gefeiert. Trotz einiger matschbedingter Lücken in den Zuschauerreihen, bahnten sich sehr viele Crowdsufer ihren Weg nach vorne. Von einzelnen motivierten Personengruppen wurden diese dann einfach über zu große Pfützen hinweggetragen. Währenddessen gab es auf der Bühne so einiges zu sehen. Denn sogar einige Showkämpfe, zum Beispiel zu Deceiver Of The God standen mit auf dem Programm. Über all der dargebotenen Show lag dunkel und dröhnend die Stimme von Sänger Johan Hegg. Dieser verstand es, die Zuschauenden ordentlich zu unterhalten und konnte beim Tour Debüt von Find A Way Or Make One die Menge direkt davon überzeugen, im Takt zu rudern. Einige setzten sich hierfür sogar bereitwillig direkt in den Matsch hinein. Passend zu Raise Your Horns prosteten Amon Amarth dem tobenden Publikum mit einem lauten „Skål!“-Ruf zu und es wurde erstmal ein ordentlicher Schluck aus den eigenen Hörnern genommen. Der Auftritt fand seinen endgültigen Höhepunkt im Kampf mit einer gigantischen Seeschlange bei Twilight Of The Thunder God. Diese Performance war bildgewaltig, episch und mitreißend. Ein absolut fantastisches Erlebnis.

Architects

Don’t Stop Me Now von Queen kündigte als Intro die baldige Ankunft der Architects auf der Faster-Stage an. Im Anschluss ging die Band sofort mit sehr schnellen Beats, Growls und Shouts in die Vollen. Eine geballte Ladung an Progressive Metal schoss über den Holy Ground. Der Einsatz von Feuer und Lichteffekten rundete die turbulente Performance ab. Videomonitore auf der Bühne unterstützten durch Szenen und Muster die Lichtshow. Der Auftritt bot ein flackerndes, blitzendes und helles Spektakel, welches die Zuschauenden zur späten Stunde noch einmal so richtig wachrüttelte. Denn es war sehr viel Publikumsaktivität erwünscht und gefordert. Es galt nämlich zwei Rekorde zu brechen. Zu Doomsday sollten sich so viele Personen wie möglich und vor allem all jene, die das Crowdsurfen noch nie ausprobiert haben, über die Menge tragen lassen. Die zweite Challenge war es, den größten Circle Pit bei When We Were Young zu kreieren, welchen die Band und das Festival selbst jemals gesehen hat. Auch wenn die Menge ihr Bestes gab und absolut voll dabei war, reichte dies nicht, um die Rekorde zu brechen. Die Stimmung war trotzdem on point. Über all dieser Energie schwebten die apokalyptischen und gesellschaftskritischen Texte der Band, welche einen Hauch Dunkelheit versprühten und der Performance einen düsteren Tiefgang verliehen. Die Architects haben dafür gesorgt, dass der matschige Wacken-Acker noch einmal komplett umgepflügt wurde. Dieser Auftritt war, um es mit den Worten von Sänger und Frontmann Sam Carter zu formulieren: „fucking“ amazing!

Mayhem

Wie schon am Tag zuvor, endete auch der Samstag auf der „Louder“- Stage mit einer Legende des Black Metals. Aus dem benachbarten Norwegen kamen Mayhem. Im Gepäck hatten sie ihre Sondershow zum 40ten Jubiläum. Dabei nutzten sie sehr erfolgreich auch die Leinwand hinter der Bühne, auf der sie diverse Videoschnipsel aus der langen Geschichte der Band einspielten. Nach längerem Intro betraten die Musiker die Bühne und begannen direkt mit Malum, dem jüngsten Stück auf der Setliste, vom aktuellen Album Daemon. Die Band spielte sich rückwärts durch ihre Diskografie, wobei auch mehrfach die Kostüme gewechselt wurden. Nachdem die späteren Alben mit jeweils einem Song vertreten waren, folgte nun das legendäre Debutalbum De Mysteriis Dom Sathanas, aus welchem insgesamt 3 Songs gespielt wurden und zu welchem die Band in lange schwarze Roben gekleidet war. Im Anschluss folgten, als besonderes Highlight, noch 3 Songs der ebenfalls legendären EP Deathcrush, für welche Drummer Hellhammer seinen Platz an seinen Kollegen Manheim übergab, der seiner Zeit diese Songs eingespielt hatte. Auch übernahm der ehemalige Sänger Maniac nun den Gesang und gegen Ende kam auch Sänger Attila Cishar wieder zurück auf die Bühne und lieferte sich ein Duett mit Maniac. So endete das Programm auf der Louder- Stage mit einem weiteren, ganz besonderen Highlight.

Hämatom X Finch

Mit einem verzögerten Beginn kündigte eine Ansage aus den Bühnenlautsprechern den Kampf der Giganten auf der Harder-Stage an. Die Rede war von der Band, die eigentlich keine ist, Hämatom und dem beliebten Rapper Finch, welche sich ein ungleiches Battle lieferten. Hierfür war die Bühne auch zunächst durch eine Mauer zweigeteilt. Den Beginn machten dann Hämatom, die klar im Heimvorteil waren, mit Wir sind Gott. Dabei kurbelten sie die Stimmung des Publikums so richtig an. Hierbei wurde auch die neue Gitarristin „Rose“ sehr gefeiert. Im Anschluss war der, extra per Helikopter eingeflogene, Rapper an der Reihe und performte Keine Regeln. Einen Song, welchen sogar viele der Metalheads kannten, da Finch diesen zusammen mit Saltatio Mortis aufgenommen hat. Was für ein solider Einstieg in den Auftritt, der Rapper hatte das Wacken-Publikum direkt auf seiner Seite und sichtlich Spaß. Immer abwechselnd ging das turbulente Battle weiter und bildete somit einen Mix aus harten, etwas aggressiveren Rhythmen und basslastigen Partybeats. Was als Kampf gestartet hatte wurde ab der Hälfte zu einem Freundschaftsspiel, denn nachdem Finch den eigentlichen Hämatom-Song Gaga als Dorfdisco-Version gespielt hat, wurde die Trennmauer endgültig  eingerissen. Jetzt ging die Party erst so richtig los. Zur Feier der Vereinigung wurde erstmal I’ve Been Looking For Freedom auf ganz neue Weise zusammen performt. Natürlich durfte auch bei diesem Wacken-Auftritt ein Crowdsurfing-Experiment nicht fehlen. Schlagzeuger „Süd“ begab sich zu Ficken unsren Kopf mit seinem Mini-Drum-Set auf die Reise und wurde von Finch-Gitarrist Hannes im Schlauchboot begleitet. So speziell die Kombination der Musiker auch war, so stimmungsgeladen trat sie in Erscheinung. Mit einem lautstarken Publikums-Chor zu Es regnet Bier fand dieser grandiose Auftritt und somit auch das Wacken Open Air 2024 seinen krönenden Abschluss. 

Mehr zum Wacken 2024 findet ihr hier:

Frühere Beiträge zum Wacken Open Air findet ihr hier:

Bericht: Jenny, Matthias
Bilder: Patrick, Roksana

 

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