
Mittwochabend in Wiesbaden. Es ist Karwoche, das Wetter passend angegraut und mittelwindig, und eine stetig anwachsende Schlange geneigter Metal-Jünger sammelt sich vorm Schlachthof, den die Tour der unheiligen Dreifaltigkeit aus Behemoth, Satyricon und Rotting Christ heute beehrt.
Rotting Christ
Entsprechend der Größe und Zugkraft der auftretenden Bands sind die (un-)heiligen Hallen dann auch von Beginn an gut gefüllt, als das Intro aus dunkellila Licht und sakral angehauchten lateinischen Chorälen den Auftritt von Rotting Christ ankündigen. Die dann auch ebenso motiviert wie professionell abliefern: 666 zeichnet als erster Song den Spannungsbogen gekonnt weiter, und auch darüber hinaus weiß die Band, mit Bühnenpräsenz und Publikums-Animation zum einen, sowie einem soliden Set mit bekannten Klassikern ebenso wie einem neuen Song, Like Father, Like Son, zum anderen, ihren Fans eine gute Show zu bieten. Das Publikum würdigte dies hüpfend, klatschend und jubelnd.
Satyricon
Mit düster-orangerotem Höllenleuchten, einer guten Dosis Nebel und untermalt von jubelnder Begeisterung aus dem Publikum geht es dann bei Satyricon weiter. Den Einstieg bietet Now, Diabolical vom gleichnamigen 2006er-Album, bevor wir uns stimmungsvoll-brachial weiter durch die signifikante Bandhistorie schwingen. Nach einem Ausflug in die 90er mit Forhekset kehren wir mit The Pentagram Burns und To The Mountains wieder zur Now, Diabolical zurück.
Die Band hat sichtlich Bock, die Besucher auch, es wird mitgesungen, Haare wehen auf und vor der Bühne. Zum Abschluss werden Mother North und K.I.N.G. zelebriert.
Schön.
Doch, ja. Schön, das alles.
Natürlich auch der gute Sound, die gute Show, und so weiter. Das, zumindest für mich, besonders schöne, oder eben besonders in Erinnerung bleibende des Auftritts Satyricons ist aber: Die fühlen das.
Natürlich sind das auch sehr talentierte und sehr professionelle Musiker, die die Entwicklung des Genres geprägt und im Einzelnen wie als Band einen hohen Wiedererkennungswert haben (Frosts Schlagzeugstil, Saytrs Stimme). Vor allem aber erscheinen sie mir an diesem Abend als Musiker, die immer noch mit echter Begeisterung für ihr musikalisches Schaffen auftreten; es mit eben solcher Begeisterung und Freude mit ihren Fans feiern. Das wirkt auf mich authentisch. Und das ist schön.
Setliste: Now, Diabolical // Our World, It Rumbles Tonight // Black Crow on a Tombstone // To Your Brethren in the Dark // Walk the Path of Sorrow // Forhekset // The Pentagram Burns // To the Mountains // Mother North // K.I.N.G.
Behemoth
Für den Hauptact unserer unheiligen Dreifaltigkeit wird nochmal ordentlich, aber zeitlich effizient umgebaut, gut getarnt hinter dem klassischen weißen Vorhang mit Beamer- Projektion, untermalt vom Geräusch eines klopfenden Herzschlags und ominösem Rumpeln.
Mit Shadow Elite vom anstehenden neuen Album fällt der Vorhang und die bombastische Show, für die Behemoth bekannt sind, beginnt. Wir haben zwei wohl mehrere Meter hohe Plattformen, wir haben natürlich auch Nebel, irgendwo weht noch eine Windmaschine, es riecht durchdringend nach einer Mischung aus Feuerzeugbenzin und Gaskartusche, und bereits zu Beginn des zweiten Songs Ora Pro Nobis Lucifer wird angesichts wohldosierten Flammeneinsatzes nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne wieder klar, dass die Antwort auf die Frage „Wie viel Pyro soll es sein?“ bei Behemoth schlicht „JA!“ lautet.
Als zweiter Song des neuen Albums kommt der titelgebende The Shit Ov God zur Aufführung. Klassische Brachial-Behemoth nach der gut eingefahrenen soliden Formel und vom Publikum entsprechend frenetisch gefeiert. Ein persönliches Highlight brachialer Mächtigkeit war für mich allerdings dann doch wieder eher Blow Your Trumpets, Gabriel; für mich nach wie vor vom sich raumgreifend entfaltenden Intro bis zum letzten Takt unter den wirkungs- und stimmungsvollsten Werken der Polen.
Nach Ov Fire And The Void folgt ein weiterer, an diesem Tour-Abend zum ersten Mal live gespielter, Song des anstehenden Albums, Lvciferaeon, der durchaus Bock auf mehr macht.
Behemoth-Auftritte scheinen, so auch an diesem Abend mein Eindruck, nahezu minutiös durchchoreografiert; alles ist aufeinander abgestimmt und ausgearbeitet, von Lichteffekten über die Pyrotechnik bis zu den mehrfachen Outfitwechseln Nergals. Ein hohes Maß an Theatralik, in dem die nicht-musikalischen Elemente kein ergänzendes Beiwerk sind, sondern durchaus relevanter Teil der Gesamt-Dramaturgie. Und die funktioniert. Man kann eben jenen Eindruck der durchgestylten Theatralik, des Choreografischen und des Bombastischen als Kritik formulieren, oder schlichtweg persönlich nicht so ansprechend finden, aber eins lässt sich festhalten: Behemoth treten nicht einfach auf, sondern sie bieten eine Show, und das mit absoluter Professionalität und in Perfektion.
So kommt dann auch die Kombination aus Vorhang (diesmal in grau) und Beamer-Projektion vor, und anfangs auch während, Wolves Of Siberia nochmals zum Einsatz, während wir uns langsam dem Ende des Sets nähern. Einen Ausflug in die Frühgeschichte der Band gibt es noch: Cursed Angel of Doom, laut Nergal das erste Lied, das für Behemoth geschrieben wurde, und somit älter als einige der Konzertbesucher.
Den formalen Abschluss bildet der Chant for Eschaton 2000 (noch so ein Intro, das sich ganz wunderbar elektrifizierend ins restliche Lied entfaltet), bevor sich mit O Father O Satan O Sun! als Zugabe noch einmal alles an Feuer, Stimmung und Publikumsenergie entlädt.
Stimmiger Abschluss eines stimmungsvollen Konzertabends; oder, wie die Franken sagen, um alles auszudrücken, was sich auf dem emotionalen Spektrum zwischen positiver Gemütsstimmung und absoluter Euphorie befindet: Das passt schon so.
Setliste: The Shadow Elite // Ora Pro Nobis Lucifer // Demigod // The Shit ov God // Conquer All // Blow Your Trumpets Gabriel // Ov Fire and the Void // Lvciferaeon // Bartzabel // Wolves ov Siberia // Once Upon a Pale Horse // Christians to the Lions // Cursed Angel of Doom // Chant for Eschaton 2000 // O Father O Satan O Sun!
Bericht: Tanja
Bilder: Matthias
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